nach einem gemütlichen Aufstehen und einem Frühstück mit dieser Aussicht rät mir Harald, doch mal beim Hostel in Niagara Falls anzurufen, schließlich ist gerade ein langes Wochenende und alle Touristen-Attraktionen (wie es die Niagara-Fälle mit Sicherheit sind) völlig überlaufen.
Der Tipp war gut, kam aber vermutlich einen Monat zu spät – natürlich ist alles ausgebucht. Und mir wird auch keine Hoffnung gemacht, dass ich spontan doch noch ein Platz kriegen könnte, weil jemand anderes abgesagt haben könnte. Tolle Aussichten, aber halb so wild – ich habe ja ein Zelt! Also geht es mal langsam los. Langsam im wörtlichen Sinn, denn es ist wieder starker Gegenwind, auch wenn man das auf dem Bild nicht sieht.
Ich musste auch über diese „Lovers Lane Bridge“, macht aber halt nur halbsoviel Spaß, wenn man alleine ist.
Dann immer am Wasser entlang, das war ja der eigentliche Grund, warum ich diese Route gewählt habe. Die Niagara-Fälle sind bestimmt interessant, aber nur für wenige Minuten. Tagelanges Fahren am Wasser kenne ich von zuhause nicht und die kürzere Strecke, ohne die Wasserfälle, ist nur auf dem Highway – davon habe ich bisher schon mehr als genug gesehen.
Dann bin ich doch voll in diese Falle getappt! Ich wollte dieses Fahrrad fotografieren – bevor ich damit fertig war, kam der Besitzer davon schon aus seinem Haus gegenüber raus und hat mich in ein Gespräch verwickelt. Ich musste auch etwas auf Deutsch sagen, denn er hat gerade eine deutsche Austauschschülerin (Doppel-„sch“!), die auch auf der Veranda saß. Sie hat tatsächlich etwas komisch geschaut. Er hat mir auch gesagt, dass die Winde dieses Jahr tatsächlich etwas sonderbar sind, Ostwinde wären hier total unüblich und erst recht für eine solche lange Zeit; der ganze Strand wäre schon weggespült worden. Aber morgen soll der Wind drehen. Super, genau dann, wenn ich in Richtung Westen fahren muss. Das kann doch kein Zufall mehr sein?!
Nachdem ich heute auch mal Verkehrsschilder mit „Orange Route“ gesehen habe, machen die Pfeile, die hier überall auf der Straße sind, endlich etwas Sinn. Es gibt in diesem „Landkreis“ mindestens vier verschiedene Radrouten, die mit Farben gekennzeichnet sind.
Mein Weg führte jedoch nur teilweise auf diesen Routen. Später habe ich mal wieder den Trans-Canada-Trail probiert, der nicht direkt am Wasser entlang führt. Damit hoffte ich, etwas weniger vom Gegenwind abzubekommen. Aber dieser Trail ist ja noch katastrophaler, als die normalen Straßen. Links von dieser Matschgrube ist ein Kanal, auf der anderen Seite eine gut asphaltierte Straße mit wenig Verkehr, nur ca. vier Kilometer südlich der Waterfront-Trail. Wenn man diesen Trans-Canada-Trail dann so anlegt, sagt es doch eher aus: Benutz mich nicht! Ich bin wieder runter, sobald es eine Brücke über den Kanal gab, am Ende des Trails stand eine Gruppe um ein halbversunkenes Quad und versuchte es zu bergen. Zum Glück habe ich mir „nur“ mein Rad komplett eingesaut.
Dann ging es auf den „Friendship-Trail“ – ich probiere alles mal aus und es ist schließlich meist besser, als der Highway – so auch hier! Zwar leicht geschottert, aber trotzdem gut zu fahren.
Nicht so gut war allerdings dieses ständige Abbremsen, um durch diese Drängel-Gitter zu kommen, Autos haben ja schließlich an jeder Kreuzung Vorfahrt. Wenn eines dieser Gitter mal nicht richtig angelegt wurde, entsteht natürlich sofort die Höchst-Strafe für jeden Verkehrsplaner: eine „Desire Line“, also eine Abkürzung, ein Weg, wie er nicht in der Planung vorgesehen war (hier im Bild links vorbei).
Man sieht auch, dass die Probleme nicht gelöst werden. In dem Fall offenbar Schienen, über die man als Radfahrer gerne fallen kann. Anstatt die kritische Stelle (baulich) zu verändert, wird einfach ein billiges Schild angebracht.
Dann zurück auf den Trail, der wie ein Highway gebaut ist: schurgerade. Hier, im anderen Landkreis (?), sogar geteert. Das geht dann so weiter bis kurz vor die Grenze zu den USA, als am anderen Ufer des großen Sees Buffalo auftaucht.
Ansonsten bin ich heute vermutlich an zig Milliarden Dollar von Immobilien und Autos vorbei gefahren. Viele sehr große, repräsentative Häuser, gerne mit großen Statussymbol-Autos davor. Der Vorteil, an fehlendem Bebauungsplan ist, dass hier und da auch mal ein recht interessantes Haus dabei ist.
Der rote Mustang (?) hatte als Kennzeichen THEFALLS, scheint wohl irgendwie mit den Niagara-Fällen sein Geld gemacht zu haben. Mit dieser Luxus-Gegend am kompletten Ufer hatte ich nicht gerechnet, ich dachte eigentlich, dass ich irgendwo dort am Ufer mein Zelt aufbauen könnte. Viele der Häuse scheinen, trotz langem Wochenende, auch nicht bewohnt zu sein, sie sind dunkel und es stehen auch keine Autos davor; andere machen, trotz Autos, nicht den Eindruck, dass jemand dort ist. Ich habe auf vielleicht 30km durch diese Luxus-Gegend nur zwei Partys gesehen und ich muss sagen, dass ich mich nicht so recht getraut habe, in diese Partys zu platzen und nach einem möglichen Zeltplatz zu fragen. Also fuhr ich weiter, weiter, weiter – und es wurde langsam richtig dunkel. Da die Stadt Niagara Falls in wenigen Kilometern kommen wird, wird es auch echt höchste Zeit, einen Zeltplatz zu finden, in der Stadt wird das bestimmt nichts mehr. Hier sieht es aber auch schlecht aus. Ich komme bei einsetzenden Dunkelheit bei einem Zeltplatz vorbei, wo jedoch „$43 plus tax“ verlangt werden. Das kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Er meint noch überheblich, dass ich hier nichts günstigeres finden werde. Ich widerspreche und sage, dass ich ja überall frei campen könnte. Das scheint er nicht so ganz verstehen zu wollen. und so fahre ich weiter.
Dann finde ich ein kleines Museum mit einem Parkplatz für die Mitarbeiter dahinter. Darum sind ein paar Büsche und ich beschließe mich hier, sogut es eben geht, für heute Nacht zu verstecken. Die Häuser nebenan scheinen gerade leer zu sein, ich hoffe, dass die Bewohner nicht noch heimkommen und mich (evtl. mit Polizei) verjagen. Auch heute heißt es daher wieder: kein Licht (und auch sonst nichts) im Zelt, hinlegen, schlafen und den Wecker auf sechs Uhr stellen….
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