was ich ja besonders gut kann: mich nur kurz hinlegen und dann stundenlang schlafen. Auch gestern/heute wieder mal bewiesen. Nach Mitternacht wache ich zum ersten Mal wieder auf und höre immer noch den Regen am Zelt. Ich ziehe die restlichen Radklamotten aus und drehe mich gleich wieder um. Aus Angst vor Bären nehme ich aber noch meine letzte Banane und die Zahnpasta und lege sie auf den Picknick-Tisch 5m von meinem Zelt entfernt. „Bären-Boxen“ will ich nachts im Regen nicht suchen und zum Aufhängen habe ich nix (wird schon nix passieren)….
Bei diversen kurzen Wachphasen in der Nacht hörte ich immer den Regen am Zelt, morgens immer noch. Hier und da mal eine recht starke Windböe. Checkout vom Zeltplatz ist um zwei, wartend hoffe ich, dass das Wetter wenigstens ein bisschen besser wird, es sieht aber nicht danach aus. Irgendwann gehe ich mal zum Büro und frage, dort können sie mir aber auch nix besseres sagen. Also ziehe ich meine immer noch feuchten Radklamotten an und packe das klatschnasse Zelt ein. Bis Edmonton sollen es etwa 65km sein, fast schon ein Katzensprung, bei Regen aber halt wenig spaßig.
Bei Losfahren stellt sich der Wind wenigstens als ordentlicher Rückenwind heraus, mein Regencape tut sein übriges dazu, dass ich heute ohne große Anstrengung einen Schnitt von 27km/h „er-segelt“ hatte. Der Verkehr ist aber ziemlich dicht und es gibt einige Auf- und Abfahrten von meinem Highway. Dazu kommt, dass ich nicht besonders gut sehe, da die nasse Brille natürlich das Sichtfeld ziemlich einschränkt. Ich setzte einfach darauf, dass die Autos mich mit dem wehenden neongrünen Regencape schon sehen und beachten werden. In einem Vorort mache ich noch eine „kurze“ Pause an einem Supermarkt, esse Bananen und einen halben Bananenkuchen und wäme mich hauptsächlich auf. So superdicht scheinen weder das Regencape noch meine Überschuhe zu sein, zumindest fühle mich mich komplett durchnässt.
In Edmonton angekommen checke ich im Hostel ein und bin froh über die warme Dusche und endlich etwas Warmes und vor allem Trockenes zum Anziehen.
Danach finde ich heraus, dass es nicht allzu weit weg eine „Bike Kitchen“, bzw. einen „Community Bike Shop“ gibt. Der hat heute noch zwei Stunden auf, aber morgen nicht. Also streiche ich die weitere „Erholung“ und fahre spontan noch dort hin. Inzwischen hat der Regen nach etwa 24h doch wieder aufgehört und dort in der Werkstatt sagt man mir, dass es sehr ungewöhnlich sei, dass es hier so lange durchgehend regnet.
Ich ziehe meinen Achter hinten fast super raus, lasse es vor der Perfektion allerdings sein. Zu oft habe ich schon gute Lösungen wieder komplett verhunzt, indem ich es perfekt machen wollte. Ich bin zwar nicht 100% zufrieden damit, es ist aber deutlich besser als vorher und der Freiwillige hier, der zur Unterstützung vor Ort ist, lobt mich für meine Leistung (ob ernst oder nicht kann ich kaum feststellen).
Ich vermessen noch die Kette, die nach 1500km noch fast neu ist, da ich ja kaum stark reingetreten habe und öle sie nach dem ganzen Regen noch ein bisschen. Beim Montieren des Rades reiße ich noch das Ventil ab, also muss ich noch einen neuen Schlauch kaufen. Alles zusammen hat dann 10$ gekostet und ein gutes Gefühl gebracht. 🙂
Diese offene Werkstatt ist übrigens genau neben dem deutschen Honorarkonsulat. Das hat von Dienstag bis Donnerstag vormittags von 9-12 Uhr geöffnet. Da stellt sich mir die Frage: Wie wird man wohl Konsul/Diplomat (oder Honorarkonsul)?
Abends zur Belohnung mal wieder was gescheites zum Essen: ein Po’Boy mit Süßkartoffel-Pommes und einem Bier einer lokalen Brauerei (AlleyKat).
Und auch hier wird offenbar der Straßenrand gerade großflächig zugunsten des Radverkehrs umgebaut. Aus dieser „normalen“ Straße wird gerade eine Einbahnstraße mit einem geschützten Zweirichtungs-Radstreifen auf der linken Seite. Viele anderen Straßen sind hier ebenfalls große Baustellen.
Auch von dem, was ich auf Twitter mitbekomme, nimmt es mehr oder weniger ganz Kanada gerade scheinbar ziemlich ernst, wenn es um das Thema Radverkehr geht. Das merkt man auch an den Autofahrern. Niemand schneidet oder bedrängt einen als Radfahrer oder Fußgänger, sobald man an Kreuzungen ankommt, wird man immer durchgewunken, selbst wenn man selbst ein Stop-Schild beachten müsste oder nur steht und sich ein bisschen umschaut. Den „Krieg“ der Autofahrer gegen alle anderen Verkehrsteilnehmer, den ich von deutschen Straßen kenne, gibt es hier definitiv nicht! Es ist viel angenehmer hier zu fahren (mal abgesehen von dem oft schlechten Straßenbelag). Man muss ihnen nur noch den richtigen Abstand zum Überholen beibringen und dann wäre es schon fast paradiesisch, hier mit dem Rad zu fahren. ;~)
P.S. Bilder von der Regenfahrt gibt es nicht, ich hatte einfach keine Lust, irgendwelche zu schießen. Die Landschaft ist aber so, wie die letzten beiden Tage – und vermutlich wie die nächsten zwei/drei Wochen….
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