beim Aufstehen ist der chinesische Gastgeber nicht da. Das hat er schon angekündigt, da er einen Freund zum Flughafen fahren müsse. Ich soll aber auf keinen Fall schon losfahren, weil er ja noch ein „Picture“ mit mir und – scheinbar ganz wichtig – dem „Helmet“ machen wollte. Das Frühstück hat er schon auf den Tisch gestellt: zwei Scheiben Toast, ein Spiegelei (das inzwischen auch nicht mehr warm ist), ein Glas Milch, fünf Blätter Salat und eine seltsame Wurst in Wiener-Art. Diese lege ich zurück in den Kühlschrank. Auf dem Tisch steht noch Instant-Kaffeepulver, ich finde in der ganzen Küche aber keine Tassen und Ahornsirup. Naja, wenigstens etwas. Ich schnappe mir noch zwei weitere Scheiben Toast aus dem Schrank und lasse dieses „Frühstück“ dann Frühstück sein. Als er zurück kommt, bin ich dabei, zusammen zu packen. Er sitzt in seinem Zimmer und tut so, als ob er beschäftigt ist. Letztendlich kann er es kaum erwarten, mich zu fotografieren. Vor lauter Aufregung kriegt er inzwischen noch weniger English zustande; außer „Picture“ und „Helmet“ sagt er eigentlich gar nix mehr. Ich schreibe ohne Hektik den Beitrag zu vorgestern und mache mich dann langsam daran, meine Sachen zum Fahrrad zu bringen. Er hat schon einen Selfie-Stick („Deppenzepter“ – es gibt übrigens eine interessante Geschichte zum Zepter im Regierungssitz von Alberta in Edmonton. Mal schauen, ob ich die irgendwann mal im Netz finde und hier verlinken kann) in der Hand, ein zweiter liegt neben dem Rad in der Garage. Eifrig will er mir dabei helfen, meine Sachen zu tragen. Vor der Garage kommt er dann endlich zu seinem Bild und wünscht mir einen gute Reise.
Doch bevor ich auf die Straße kann (hier im Bild die ausgesuchte #15), habe ich noch eine Aufgabe.
Da meine gefundene „Isomatte“ eher eine Yoga-Matte ist und es in den letzten Nächten darauf langsam kalt wurde, musste ich eine neue besorgen. In einem dieser Walmart Supercenter habe ich mal eine gesehen, damals aber noch nicht zugeschlagen. Hier gibt es ein paar Walmarts, der von gestern Nacht hatte keine mehr. Also klappere ich ein paar andere ab. Es scheint aber ein Saison-Artikel zu sein, wenn die ausverkauft sind, gibt es keine Nachlieferungen. Endlich, beim letzten vor der #15 gibt es noch zwei Stück. Das sieht jetzt deutlich bequemer und wärmer aus!
Während ich mein Rad damit neu belade, kommt eine Radlerin vorbei und wir reden ein bisschen. Es stellt sich heraus, dass ihre Familie eine Hütte an einem See etwa zwei (Fahrrad-)Tage entfernt in meiner Richtung hat. Ich kriege ihre Nummer und soll mich doch melden, wenn ich dort bin (wenn ich will). Das will ich bestimmt!
Was allerdings nicht so bequem ist (trotz neuem, breiterem Reifen) ist die Straße. Sie ist aus Betonplatten gebaut und alle paar Meter
tuduck….tuduck….tuduck….
muss ich eine Schwelle von ein/zwei Zentimetern überwinden. Zwar nach
tuduck….tuduck….tuduck….
unten, aber trotzdem schüttelt es mich etwa zweimal pro Sekunde durch.
tuduck….tuduck….tuduck….
Und das alles etwa 8km lang. Einen Seitenstreifen
tuduck….tuduck….tuduck….
gibt es hier nicht. Zumindest keinen den ich befahren kann, er ist zwar breit, aber mit losem Schotter, auf dem ich mit meinen Reifen und der Beladung nur mit Schrittgeschwindigkeit vorankäme.
tuduck….tuduck….tuduck….
Um diese Erschütterungen bildlich darzustellen: So sieht eine der Bananen aus, die ich nach etwa
tuduck….tuduck….tuduck….
fünf oder sechs Kilometern gegessen habe. Ich hatte einfach genug davon und musste eine Pause machen. Weit und breit aber keine Möglichkeit, diese Mist-Straße zu verlassen.
Dann bin ich endlich an einer Kreuzung und ich kann diese #15 verassen und auf den großen Highway #1 zurück fahren. Das sind nur noch 20km, zwar auch ohne Seitenstreifen, aber eine deutlich bessere Straße. Einige Kilometer Umweg, naja….
Was mich jetzt stört ist der Wind. Jede Flagge die ich hier wehen sehe, steht in einer anderen Richtung. So einen chaotischen Wind (zum Glück nicht so stark) habe ich noch nicht erlebt. Das trägt nicht zur Motivation bei. Das Wetter ist schon nahezu perfekt, ebenso der Straßenbelag hier auf der #1. Was könnte ich sonst noch machen, um meine Motivation zu steigern?
Ganz klar: Pause und Essen! Hier ist ein Imbiss mit „home made, home cut Fries“. Ich bestelle – natürlich – eine große Portion und bin ob der Größe tatsächlich etwas überrascht. Lasse mir das aber nicht ansehen und esse natürlich brav alles auf. ;~)
Als ich ein paar Kilometer weiter noch an einem großen „Gelato“ Schild vorbei komme, merke ich, dass meine Motivation immer noch einen Schub gebrauchen könnte. Also noch eine kurze Pause und ein Mango-Eis später bin ich – jetzt wieder in vernünftiger Stimmung – zurück auf der Straße. Da gerade wenig Rückenwind bei minimaler Steigung ist (was sich vermutlich aufhebt, aber die Windgeräusche eliminiert) komme ich in eine Art „Trance“ oder „Food-Koma“. Ich fahre und fahre und fahre ohne richtig mitzubekommen, was um mich herum eigentlich passiert. Das ist natürlich nix, aber was solls.
Dann auf einmal helle Aufregung: Da sind Fahrrad-Spuren, zwei Stück, auf dem Seitenstreifen. Meine Fährtenlese-Fähigkeiten sind nicht allzu ausgeprägt, daher weiß ich nicht mehr darüber. Ich probiere auch Spuren zu hinterlassen, bei mir klappt das aber nicht. Daher vermute ich, dass diese bei nassem Untergrund gefahren wurden. Also schon etwas älter. Da muss ich mich also nicht beeilen….
Entgegen meiner Befürchtung, dass ich heute „wild“ zelten müsste, da ich digital keine Zeltplätze gefunden habe, die ich auch bezahlen wollte, habe ich doch noch einen kleinen Zeltplatz an einem Flüsschen gefunden. Nichts besonderes, aber für 13$ kriege ich zumindest eine Dusche und die Sicherheit, dass noch andere Menschen in der Nähe sind, falls „etwas“ sein sollte.
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