der erste Weg geht heute mal in den kleinen Laden neben dem Zeltplatz. Eine ernüchternde Auswahl. Es gibt sechs Bananen dort und zusätzlich noch zwei fast vergammelte. Ich traue mich nicht, alle zu nehmen und nehme lediglich drei und die beiden „Kochbananen“ (die kriege ich dafür sogar geschenkt). Dazu eine 700g Packung dieses typischen nordamerikanischen Weißbrotes/Toasts, ein Glas Marmelade dafür und eine Packung O-Saft. Kurz drauf ist der Toast leer und ich frage mich noch, wie ich jetzt noch das halbe Glas Marmelade transportieren soll. Naja, ich stecke es halt irgendwie in die Taschen und hoffe, dass nichts passiert. Eine Banane habe ich auch gleich noch gegessen.
Dann mache ich noch den ziemlich mitgenommen „Making Peace“-Aufkleber vom hinteren Schutzblech ab
und es geht wieder auf die Straße. Heute ist der selbe Gegenwind wie gestern – nur noch stärker. Nach 15km habe ich schon die Schnauze voll, aber halt keine Wahl. Ich muss weiter und es gibt keine Möglichkeit, irgendwelche Motivation zu „tanken“.
Wind kann man schlecht fotografieren, aber ich habe es trotzdem mal probiert – was man nicht alles für eine kleine Pause tut.
Alle 20km wird Shabaqua angeschrieben, noch 60km, noch 40km, noch 20km.
Davor treffe ich auf einem Rastplatz an der Zeitzonen-Grenze noch einen anderen Radler, der aber „nur“ etwa 1000km von seiner Heimat in Ontario nach Kenora fährt. Mit irgend einem Mountain Bike, wahrlich nix besonderes, und das Gepäck ist auch nur irgendwie draufgeschmissen. So ähnlich habe ich vermutlich damals in Thailand ausgesehen. Die Zeitzone nimmt mir natürlich wieder eine Stunde – aber der angekündigte Regen kommt dafür nicht.
Und hier steht noch ein Schild, das erklärt, dass die erste Trans-Canada-Verbindung auf Flüssen und Seen per Kanus stattfand.
Der Gegenwind hört überhaupt nicht auf und jede Kurve die ich fahre, wechselt der Wind genauso (wie geht das?!). Ich bin so wütend darüber, dass ich beschließe, jedem, der mir nochmal etwas von „Hauptwindrichtung“ erzählt, direkt aufs Maul zu hauen, bevor er/sie „prevailing winds“ zuende sprechen kann. Das ist nach meinen Erfahrungen nämlich eine glatte Lüge, zumindest auf der Straße. Es kann sein, dass in 1000m Höhe das anders ist (die Wolken lassen das vermuten), aber hier unten habe ich zumindest gleich viele Tage mit Gegenwind, wenn nicht sogar mehr, als mit Rückenwind.
Nach den 75km stellt sich heraus, dass dieses Shabaqua keine Ortschaft ist (höchstens eine sehr gut versteckte), sondern eher der Name der Zusammenkunft von meinem Highway #17 mit dem Highway #11 (zumindest deute ich das so).
Da mein heimlicher Joker Raith auch schon ausgefallen ist, laufe ich echt langsam auf Reserve. Das hier ist nämlich Raith:
Ohne Wind wäre das ja alles kein Problem gewesen, aber mit dem Wind brauche ich unglaublich viel Kraft und schaffe dabei doch nur einen Schnitt von etwa 18km/h (siehe Strava).
Ich passiere auch die Wasserscheide, ab hier fließt also jeder Fluss in den Atlantik, das sind noch ein paar tausend Kilometer. Aber so langsam komme ich meinem Ziel näher. Wenn ich jetzt diese Menschen-leere Gegend endlich hinter mir lassen kann, wird das auch bestimmt alles wieder interessanter.
Diese Shabaqua-Kreuzung habe ich mir als heutiges Ziel ausgedacht, so wird das aber nichts. Es kommt, laut Karte, noch eine Ortschaft. Aber auch diese scheint nicht viel mehr als ein Steinbruch zu sein. Es gibt ein Schild, welches einen Campingplatz in 33km ankündigt. Das ist etwa 50% von dem, was ich heute eigentlich machen wollte. Mit dem Wind und der Zeitzone wird das wieder ein langer Tag. Ich halte meine Augen offen, ob ich irgend einen Menschen sehe, den ich fragen kann, ob es nicht irgendwo anders einen näheren Zeltplatz gibt. Aber es gibt hier nicht mal Menschen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich von diesem Hügel hier den Lake Superior sehen kann. An dieser Stelle sah es ein bisschen so aus, ein paar Kilometer weiter sah es aber eher nach Wald aus.
Hier ist es klar, Hügel und Wald.
Was nicht so toll ist: die Wetteraussichten. Es gibt eine Regenwarnung für die nächsten 24h und es soll schon nachts anfangen. Wenn das stimmt, werde ich wohl morgen früh das Zelt im Regen abbauen und einpacken müssen. Auf der anderen Seite von Thunder Bay gibt es wohl eine Jugendherberge, das wird dann mein morgiges Ziel werden und den Tag kann ich jetzt schon abhaken.
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