aus der Reihe „Rechte würden sich hier wohlfühlen“: der Fraktur-Schriftzug der Stadt Dunedin, der in jeder Nutzung verwendet wird. Und nebenbei natürlich auch noch eine „Recht-und-Ordnung“-Attitüde, die das Skateboard- und Rollschuh-Fahren auf Bürgersteigen verbietet.
Aber dafür bin ich ja nicht hier, es fällt mir eben nur immer wieder auf, wie letztens schon die schwarz-weiß-roten Maori-Fahnen oder die Fußmatte in der Dusche des einen Zeltplatzes, die mit hakenkreuzförmigen Mäanderlinien eingefasst war. Davon habe ich halt gar kein Foto, weil ich in der Dusche gar kein Foto dabei hatte.
Also fahre ich raus aus der Stadt und fluche nach nur wenigen Metern schon wieder wie ein Rohrspatz über die supersteile Straße hier. Auf Strava kann ich sehen, dass es ein paar hundert Meter mit durchschnittlich 13% hoch ging, mit einem Maximum von 20,7%! Schuld daran sind die Engländer, die von ihrer Insel aus mit dem Kartenmaterial, das sie zur damaligen Zeit halt hatten, einfach die Straßen auf der Insel am anderen Ende der Welt planten. Und ich muss es jetzt täglich ausbaden.
Wie schon mal geschrieben, die alte Weinsteige in Stuttgart hat sowas nur sehr kurzfristig und da bin ich noch nie auf die Idee gekommen, sie mit etwas anderem als einem sehr leichten Rennrad und mit Klickpedalen zu erklimmen.
Danach war dann noch der „Three Mile Hill“.
Am anderen Ende habe ich dann diese Schranke gesehen, es kommt wohl ab und zu vor, dass sie diese Straße sperren müssen.
Mein Ziel ist heute der Beginn des Otago Rail Trails, oder auch noch etwas weiter, je nachdem wie es heute rollt. Das Wetter ist anfangs ziemlich gut, nicht zu heiß, nicht zu kalt, kein Regen und nur ein paar Wölkchen am Himmel – und das wichtigste: kein Wind!
Ich fahre auf diesem Highway, auf dem fast kein Verkehr ist. Die ersten 30km sind auch ganz gut zu fahren, denn nach dem Killer-Berg aus Dunedin raus, geht es nur noch eben voran.
Dann ändert sich das aber schlagartig und es geht von quasi 0 auf 550m. Zwar überwiegend mit vernünftigen Steigungen, die ich in den Gängen 2-5 ganz gut erstrampeln kann. Aber: „ein Berg ist halt ein Berg“!
Hier und da ist mal wieder ein Fluss-/Gletschertal dazwischen, was eine kurze, steile Abfahrt bringt, eine „one lane bridge“ ganz unten und dann wieder einen genauso kurzen und steilen Anstieg auf der anderen Seite. Auf dem Bild kann man die Abfahrt auf der gegenüberliegenden Seite erahnen (sie geht etwa von der Mitte nach rechts unten).
Kurz bevor ich oben bin, muss ich schon wieder mit dem Fluchen anfangen. Der Gegenwind setzt wieder ein. Es ist zum Kotzen – ich weiß jetzt schon, dass ich von der Abfahrt nicht viel haben werde. Der ganze Aufwand, um hier auf den Berg zu kommen ist quasi „verflogen“. Es reicht mir inzwischen schon eine Minute in diesem Gegenwind hier, um meine komplette Motivation zu zerstören.
Da hilft auch diese Landschaft nicht viel.
Ich komme den Rest des Berges dann teilweise nur noch im ersten Gang hoch und muss dabei noch ab und zu aufstehen. Der Wind hier ist schon etwas anderes, als bei uns. Zuhause auf dem Rennrad denke ich bei Gegenwind halt meist „das ist jetzt schon bisschen unbequem, wenn das noch länger so weitergeht, schalte ich vielleicht mal einen Gang runter“. Hier schalte ich sofort runter, oft in die allerniedrigsten Gänge. Dazu das starke Rauschen des Windes an Ohren und Helm, von der Kette oder den Reifen höre ich gar nichts, geschweige denn, irgend welche anderen Geräusche aus der Landschaft.
Dieser Stein hier sah ein bisschen nach einem Tiergesicht aus, ich konnte mich aber nicht entscheiden, ob es ein Schaf oder ein Löwe (oder etwas ganz anderes) sein sollte.
Und auch hier wieder so eine Schranke, mit der man diese Bergstraße im Bedarfsfall schließen kann.
Jetzt kommt wohl meine letzte Abfahrt, der Gegenwind ist aber immer noch da. Irgendwo recht weit am Ende kommen mir noch zwei Reiseradler entgegen, aber ich will einfach nicht anhalten. Sie vielleicht schon, denn ich kann sehen, wie sie alleine mit diesem Anstieg zu kämpfen haben. Die nächsten Kilometer kommt allerdings nichts, ich frage mich, wie ihre Tagesplanung wohl aussieht, wenn sie so weiterfahren, werden sie heute nirgendwo ankommen.
In Middlemarch angekommen bin ich überrascht darüber, wie klein das Dorf ist. Es gibt nicht mal einen Supermarkt. Also genehmige ich mir wenigstens mal ein Eis und fahre dann zum Zeltplatz. Es wäre zwar noch genug Zeit, um ein oder zwei Stunden weiter zu fahren, aber bei dem Wind habe ich absolut keine Lust, auch nur eine oder zwei weitere Minuten zu fahren.
Als das Zelt steht, fahre ich die drei Straßen noch kurz ab und sehe dieses Museum. Es öffnet nur, wenn man sich vorher anmeldet, aber auf der kleinen Info-Tafel ist beschrieben, dass dieser Stahl-Koloss daneben eine Art U-Boot sein sollte, Platypus, mit dem bereits 1873 im nahegelegenen Fluss Clutha Gold gesucht und abgebaut wurde. Man munkelt, dass es das erste und einzige U-Boot ist, das von Neuseeländern gebaut wurde.
Damit habe ich hier wohl schon alles gesehen, das ist der Bahnhof, ich weiß aber nicht, ob da jemals noch ein Zug ankommt. In der anderen Richtung sind auf jeden Fall alle Gleise entfernt worden und die Trasse wurde zu dem Rail Trail umfunktioniert.
Da es hier nichts in einem Supermarkt zu kaufen gibt, gehe ich halt mal wieder essen. Auch eine ganz gute Alternative zu den sonstigen Nudeln, die mir aufgrund meiner mangelnden Kochkünste und Lager-, bzw. Transportfähigkeiten als einzige kochbare Essens-Alternative zur Verfügung stehen.
Relive ‚Dunedin – Middlemarch‘
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