die Nacht heute war katastrophal. Nach dem schnellen Einschlafen bin ich ständig wegen irgend welcher Geräusche aufgewacht und wusste nicht, was es ist. Ab und zu habe ich mit der Fahrradlampe mal ums Zelt geleuchtet um zu schauen, ob da nicht irgendwelche Tiere sind. War aber nie der Fall. Ich bin hier etwa drei Kilometer vom Dorf weg, mehr oder weniger in völliger Wildnis. Ich hoffe jedes Mal, dass es beim nächsten Aufwachen eine halbwegs akzeptable Zeit zum Aufstehen sein könnte.
Endlich es es kurz nach sieben und ich beende diese Nacht. Als ich meine Sachen zusammenpacke, kommt der Besitzer dieses Grundstücks vorbei, Lauren. Seine offizielle Begründung ist, dass er sich um den Rasenmäher kümmern will, der besser nicht im Regen stehen sollte. Hier sieht aber alles so aus, als ob es nicht öfters als einmal im Jahr bewegt wird. Als ich ihm erklären will, was ich hier mache, weiß er schon Bescheid, das Pärchen von gestern Abend hat ihn schon angerufen.
Sein Verkaufskonzept ist interessant, entweder zahlen – oder gegen etwas nützliches eintauschen.
(unter diesen beiden Bäumen im Hintergrund habe ich übrigens geschlafen).
Dann erzählt er mir noch, dass die Welt total in Unordnung sei. Ich weiß nicht so recht, was er damit meint, obwohl ich auch denke, dass einiges nicht stimmt. Es stellt sich heraus, dass er die aktuelle Wetterlage in Texas als biblische Sintflut ansieht und wir doch besser auf Gott hören sollten. Puh – darauf habe ich so früh und nach dieser Nacht echt keine Lust und lasse ihn einfach reden.
Um 8:30 fahre ich langsam los, zuerst mal zurück in den Ort. Ich kann mir Zeit lassen, da der Supermarkt erst um neun Uhr öffnet. Dort hole ich mir einen Bananen-Schokoladen-Kuchen zum Frühstück und ein paar Bananen für die Fahrt. Dann nutze ich noch das Internet bei der Touristen-Information für ein bisschen bloggen und fahre gegen zehn Uhr zur Fähre. Es ist seltsames Wetter, kalt und stark bewölkt – aber es regnet nicht, obwohl es so angesagt war und auch stark danach aussieht.
Gegenwind ist sowieso, das war ja klar.
Die Fähre fährt von einem kleinen Dorf ab, dessen einzige Begründung in diesem Fährhafen liegt. Es gibt zwei Straßen, nur eine davon ist geteert. Ich habe noch Zeit und hole mir noch eine Kleinigkeit zum Essen. Diesen Zaun mit allen Flaggen der Nationalitäten der lokalen Einwohner finde ich gut. Hier wird Diversität und Multikulturalität offensichtlich gelebt und gefeiert. Ich möchte mir nicht vorstellen, was damit in manchen (dunklen) Orten in (Ost-)Deutschland passieren würde.
Am Fährhafen steht noch so eine Fahrrad-Reparatur-Station. Ich brauche zwar nichts, hätte aber gerne mal meinen Luftdruck überprüft. Das nützlichste, nämlich so eine Luftpumpe, fehlt hier allerdings.
Ich kaufe mein Ticket für 23,45$ (Super-Preis, oder?), es ist allerdings für die falsche Richtung ausgestellt. Das stelle ich erst kurz vor Betreten der Fähre fest und kann es nicht mehr ändern. Naja, es wird sich herausstellen, dass dieses Ticket sowieso niemand sehen will. Ich hätte wohl auch komplett ohne Ticket mitfahren können.
Eigentlich wollte ich in den zwei Stunden Überfahrt ein bisschen die überfälligen Einträge hier schreiben. Aber es gibt kein WLAN auf der Fähre („you’re on vacation!“). Außerdem werde ich natürlich mal wieder in diverse Gespräche verwickelt und komme sowieso zu nichts. Eine kurze Pause nutze ich mal zum Rasieren – das ist beim Wild-zelten auch immer etwas schwierig. Ich kriege von Ami noch die Nummer von Peter in Toronto, der ein supernetter Warmshowers-Host sein soll. Falls ich dort durch fahre, soll ich mich dort wirklich melden. Werde ich vermutlich auch machen.
Beim Anlegen schaue ich auf diese Wand, mit Bike sind hier aber wieder nur Motorräder gemeint.
Wir drei Radfahrer werden als erstes aus der Fähre entlassen und kurz nachdem ich wieder auf dem Highway #6 in Richtung Süden bin, biegt ein recht großes und langsames Schiff vor mir (und der kompletten Fähren-Ladung) ein. Ich nutze den WIndschatten, kann mir aber vorstellen, dass die anderen sich über dessen schlechtes Timing ärgern.
Es sind noch etwa 50km bis zum Hostel in Lion’s Head. Alles gegen den Wind. Stärker als sonst, dafür kaum Hügel und akzeptable Straßenverhältnisse. Trotzdem macht es keinen großen Spaß, schon wieder (bzw. immer noch) gegen den Wind anzukämpfen. Bedingt durch die komplett geraden Straßen wird der Wind vermutlich auch richtig in meine Richtung „kanalisiert“.
Am Ziel angekommen hat der Supermarkt natürlich schon wieder zu. Aber der Liquor Store hat offen. Dieses Bier sagt mir nach meinem zweitägigen Kampf gegen den Wind sofort zu. Und im Hostel gibt es noch übrige Nudeln und diverse Pestos, die ich heute abend esse.
Ich bin jetzt in einer Gegend, wo ich mich täglich entscheiden muss, welche Straßen ich nun nehme und in welche Richtung ich fahren will. Bisher wurde mir die Entscheidung abgenommen, weil es halt nur eine Straße gab. Jetzt gibt es viele, mal sehen, wie ich an Informationen komme, um vernünftige Entscheidungen zu treffen….
v
Schreibe einen Kommentar