ich habe das Projekt „Tour Aotearoa“ ja noch nicht 100% aufgegeben und probiere, alle möglichen Foto-Beweispunkte noch anzufahren und die restlichen mit guten Begründungen eben nicht gemacht zu haben. Dazu gehört auch ein Bild, das auf diesem West Coast Wilderness Trail liegt.
Ich schieße kurz drauf mein Foto, am Ende dieses Piers. Lieber hätte ich jedoch so einen Pinguin gesehen, vor dem hier gewarnt wird. Jetzt bin ich leider auf dem Mist-Trail gefangen. Diese Strecke hier ist ziemlich mies mit meinem Rad zu fahren. Kurz darauf treffe ich noch einen Engländer, der ebenfalls nicht besonders begeistert davon ist, also fahren wir auf der Straße weiter.
An einer kleinen Pausenhütte, die zwischen der Straße und dem Trail liegt, sehen wir dann einen Radfahrer eine Pause machen, es ist mal wieder Josef. Wir treffen uns nun schon zum vierten Mal hier in Neuseeland. Da ich beim Losfahren noch ein Pärchen, ebenfalls aus England, hinter mir wusste und ich schätze, dass sie nur ein oder zwei Kilometer hinter uns sind, machen wir hier eben auch eine kurze Pause. Einer packt Brot mit Peanutbutter aus, der andere die Reste einer Pizza. Ich habe quasi gerade gefrühstückt und brauche jetzt wahrlich nix. Kurz drauf kommen die anderen beiden tatsächlich noch vorbei und machen hier ebenfalls eine Pause. Vier Engländer und ein Deutscher, so ein Verhältnis wird man in Neuseeland wohl nur selten finden.
Sie quatschen über dies und das über England, ich entscheide mich so langsam fürs Weiterfahren. Nach einem späten Start (erst kurz vor elf) und mit noch einigen Kilometern vor mir (es sollen 120 werden), habe ich latenten Stress, wenn man das so sagen kann. Josef fährt mit mir auf dem Highway, wenigstens für ein paar Kilometer, bis der Trail den Highway kreuzen wird. Dann fährt er dort weiter. Die anderen drei machen noch Pause und wollen sich dann weiter auf dem Trail durchschütteln lassen.
Ich komme in Hokitika an, der letzten Stadt, die ich für die nächste Woche (?) erwarte.
Das wäre vielleicht ein guter Ort für eine Pause, aber es ist eine Schlechtwetterfront angesagt und ich will bei dem guten Wetter noch so weit wie möglich kommen. Gutes Wetter soll hier an der Westküste ziemlich selten sein, hier regnet es üblicherweise täglich (was kein Wunder ist, es ist ja auch ein Regenwald).
Keine Sorge, dieses Raubtier ist nur aus Treibholz zusammengebastelt. Hier treffe ich noch ein Pärchen aus den USA auf einem Tandem mit Anhänger. Das erste was sie mir erzählen, ganz typisch für die Angst-Maschinerie der USA, ist der aufziehende „Sturm“. Danach packen sie ihre Karten aus und wollen mir erzählen, wo ich lang zu fahren habe. Als sie etwas von „da kann man nicht fahren, du musst die Schotterstraße nehmen“ höre, schalte ich ab und versuche schnellstmöglich aus der Unterhaltung raus zu kommen.
Am Ortsausgang dann die Verzierung des Ortsnamens um das Weihnachtsmann-Lachen „Hoho“! Sie scheinen hier wirklich mit ihrem Ortsnamen verbandelt zu sein.
Ich fahre weiter und sehe in der Ferne langsam die sog. „Southern Alps“ auftauchen. Sieht zwar schick aus, aber ich weiß, dass ich da irgendwann drüber muss. Und nach all den bisherigen Erfahrungen hier, befürchte ich, dass es deutlich schwieriger wird, als die Rockys in Kanada!
Ich bin zwar keine Botanik-Experte, würde das aber als Ausläufer des Regenwaldes bezeichnen.
Dann komme ich mal wieder an einem See vorbei.
Und es geht immer weiter an die Alpen hier. Allerdings ziehen auch schon langsam die ersten Wolken auf. Ob sie zu den täglichen Regenschauern gehören oder schon zum Sturm kann ich gar nicht sagen, macht im Endeffekt aber vermutlich auch keinen großen Unterschied.
Es wird mehr und mehr und mehr, bleibt aber trocken.
Am Ende komme ich am Hostel in Hari Hari an. Das ist allerdings ausgebucht, ich kann aber im Garten zelten und natürlich Bad und Küche nutzen. Ich sage, dass ich sowieso noch nix zum Kochen habe, ob das kleine Geschäft in der Stadt denn noch offen hat (es ist kurz nach sieben). Nein, aber ich könne gerne beim Abendessen mitessen. Das hört sich doch super an!
Davor sitzen wir aber noch auf der Veranda bei diversen Weinflaschen (was nach einem heißen Tag auf dem Rad nicht die beste Idee ist) und der Nachbar erzählt, was er für ein toller Hecht ist. Ich versuche ein paar Details rauszukriegen, weil ich natürlich auch gerne ein toller Hecht wäre. Er erzählte wilde Geschichten, wie er mal „Executive Cleaner“ war, der mit einer 1Mio$ AmEx Karte ungewollte Executives aus de Weg räumte oder auch mal eine Affäre mit einer thailändischen Geheimdienst-Kommandantin hatte, in der Nacht hat aber keiner von beiden geschlafen, weil sie, jeweils mit einem Messer in Reichweite, dem anderen nicht vertrauten, usw.
Der Nachteil davon sei, dass er auch heute noch per GPS-Satelliten überwacht wird. Da werde ich hellhörig und frage nach, wie das denn wohl geht. Diese amerikanischen Militärs könnten angeblich die Positionen der GPS-Satelliten steuern, um so jeden Menschen auf dem Planeten zu überwachen. Ich frage mich noch „HÄ?“ – zufällig weiß ich ein bisschen, wie GPS funktioniert. Das sind geostationäre Satelliten, die können überhaupt nicht bewegt werden und einen Rückkanal gibt es in dieser Kommunikation auch nicht. Ich denke nun, dass dieser „tolle Hecht“ einfach ein bisschen viele James Bond Filme geschaut hat. Zum Abendessen ist er dann nicht geblieben.
Naja, das naive Mädel, das schon seit sieben Jahren hier lebt und einwandern will konnte ich mit meinem Satelliten-Wissen beeindrucken. Sie sagte aber auch, dass es uns in Deutschland so gut geht und wir über alles jammern und die Schuld auf andere schieben (beim nächsten Thema schiebt sie die Schuld, dass ihre Einwanderungs-Anträge abgelehnt wurden auf den Berater, den sie bisher hatte). Dummerweise wurde sie an Silvester mit zuviel Alkohol hinterm Steuer erwischt und kann, wenn sie Pech hat (bzw. ordentlich nach dem Gesetz verurteilt wird) ihre Einwanderungsabsichten wohl begraben.
Ich begrabe mich im Zelt und hoffe, dass ich morgen kein allzu schlechtes Wetter haben werde.
Relive ‚Greymouth – Hari Hari, der Zyklon kommt langsam näher.‘
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