was ja schon lange stört, sind Autos, die jegliche öffentliche Flächen in unseren Städten zustellen und dabei natürlich auch auf den Gehwegen parken. Städte sollten Orte sein, an denen Menschen zusammenkommen, wo man sich treffen kann, wo (nicht nur) Kinder spielen können.
Unsere heutigen Städte sind leider nur noch große Parkplätze.
Woher dieser Anspruch kommt, dass man das eigene Auto (oder noch schlimmer, den Firmenwagen) immer direkt vor der Türe parken können muss, ist mir völlig unerklärlich. Es gibt in den Städten jede Menge Parkraum, sei es in Tiefgaragen, Parkhäusern oder großen Parkplätzen – wie im Stuttgarter Fall – zum Beispiel am Wasen-Parkplatz. Dort könnten überall die Autos stehen und sie würden nicht mal besonders stören.
Wir als Gesellschaft nehmen es jedoch hin, dass uns überall, wo wir leben, entweder mehrspurige Schnellstraßen trennen, oder eben überall Autos im Weg rumstehen.
Ganz besonders schlecht dabei ist das Gehweg-Parken. Leider gibt es in der StVO ein Schild (Update dazu ganz unten), das genau sowas sogar erlaubt. Das ist schon immer scheiße, jetzt in Corona-Zeiten, da man das gesellschaftliche Leben – wenn überhaupt – nur mit ordentlich Abstand genießen soll, fällt das besonders auf.
Hier ist ein solches Schild und man sieht, dass vom ursprünglichen Gehweg nur noch wenig übrig ist. Parkplätze sind üblicherweise 2m breit, also war der Gehweg davor mal gemütliche ca. 3,5m. Jetzt stehen da Autos. Und dann noch die Unsitte, dass alles auf den Gehweg kommt. Hier noch das Verkehrsschild und dieser Verteilerkasten. Als Fußgänger:in kann man schauen, wo man bleibt. Ist man noch jung und fit, kann es einem egal sein. Wenn man jedoch einen Rollator braucht oder einen Rollstuhl, wenn jemand entgegen kommt, vielleicht sogar ein Kind auf dem Fahrrad, wird es schon zu normalen Zeiten eng. Der 1,5m-Corona-Abstand ist damit nicht mehr machbar. Und wenn dann, wie hier, noch ein solches Alibi „Vorsicht Kinder“ auf die Straße gemalt wird, fallen normalen Leuten auf die Schnelle zig Möglichkeiten ein, Kinder vor dem Autoverkehr zu schützen, anstatt diese superbreite und abschüssige Straße einfach so durchs Wohngebiet zu betonieren. Wenn ich es noch richtig weiß, ist es die Sonnenbergstraße.
Natürlich gibt es dieses Gehwegparken überall in Stuttgart. Ich habe auf der letzten Radtour durchs Städtle einfach mal ein paar Stellen fotografiert. Hier z.B. in der Klugestraße. Auch hier wieder mit einem solchen Verteilerkasten mitten auf dem Gehweg. Man sieht wieder deutlich, dass sich die Autos zwar grob an die Markierung halten, aber dass der Strich (wie überall) auch gerne zu Lasten der Fußgänger:innen überfahren wird. Die Spiegel stehen sowieso noch drüber heraus.
Weiter im Westen: die Reinsburgstraße. Auch hier wird sich wenig an die Markierung gehalten und einfach drüber geparkt. Hier steht ebenfalls wieder das Verkehrsschild auf dem Gehweg. Hier neu: der Parkschein-Automat.
Wer ein Gefühl für die Abstände braucht: diese Botenplatten sind in Stuttgart 50x50cm. Zwischen den geparkten Autos und dem Parkschein-Automaten sind also lediglich etwa 1m Platz. Weitere 1,5m (+50cm Parkungenauigkeiten) verschenkt man an die parkenden Autos. Und das in einem der angeblich dichtest besiedelten Stadtgebiet Europas.
Noch ein Foto von der Sonnenbergstraße. Wieder ein Auto, das deutlich zu weit auf dem Gehweg parkt. Die Gasse ist recht schmal und lädt nicht besonders zum Spazieren gehen ein. Vom ursprünglichen Gehweg wurde eine Breite von 2m an die parkenden Autos verschenkt.
Auch hier auf der Straße „Neue Weinsteige“. Auch hier sieht man wieder neue Hindernisse für die Fußgänger:innen, nämlich Mülltonnen.
Auch diese Stelle lädt nicht besonders dazu ein, spazieren zu gehen. Auf der einen Seite eine recht hohe Mauer, auf der anderen ein hohes Auto. Und natürlich alles viel zu eng. Auch wieder in der Sonnenbergstraße.
Hier wird es noch enger. Neben dem Auto ist noch ein knapper Meter Platz. Und auch wieder einiges auf dem Gehweg, in dem Fall das Verkehrsschild und später dann Laternen. Das ist die Spittlerstraße.
Und auch in der Straße vor der Villa Reitzenstein, der Richard-Wagner-Straße, sieht es so aus. Eigentlich wäre genügen Platz vorhanden, aber den Autos wird noch 1m vom nicht allzu breiten Gehweg geschenkt.
Das gleiche Bild in der Ameisenbergstraße. Hier gibt es keine Park-Markierungen auf dem Gehweg, aber das Schild (das auch auf dem Gehweg steht) erlaubt es. Warum stellt man das Schild nicht gleich auf die Straße, wenn es sowieso nur für den Autoverkehr gilt? Sind Autofahrer:innen nicht in der Lage, daran vorbei zu fahren – aber von Fußgänger:innen erwartet man es? Immer im Hinterkopf behalten, was auf dem Gehweg noch so unterwegs sein könnte: Menschen in Rollstühlen oder mit Rollatoren, Kinder auf Fahrrädern, usw.
Ich hatte kein Maßband dabei, aber es ist klar, dass hier zwischen dem Autospiegel und der Laterne wenig Platz ist. Vielleicht ein Meter. Man kommt gerade noch so aneinander vorbei, aber der aktuell nötige Abstand ist hier absolut nicht machbar. Werfmershalde, das ist keine Beschimpfung, sondern der Straßenname.
In der Grimmstraße ebenfalls das selbe Bild. Kaum Platz für Fußgänger:innen, aber jede Menge (nicht optimal) geparkte Autos auf den Gehwegen. Hier sieht man auch, dass ein E-Auto das gleiche Platzproblem hat, wie alle traditionellen Verbrenner. Einfach nur den Antrieb auszutauschen bringt in Bezug auf die Platzverschwendung in unseren Städten rein gar nichts. Mit Rad und Spiegel in den Gehweg ragen – aber wehe wenn ein:e Fußgänger:in (oder das zugehörige Kind) mal aufgrund des beengten Platzes eine Delle oder einen Kratzer in den Lack macht!
Nochmal die Reinsburgstraße. Hier mal fast gut geparkte Autos. Aber dazu jetzt ein motorisiertes Zweirat. Dadurch wird der ursprünglich etwa 3,25m breite Gehweg nach Abzug von fast 1,5m für den Parkstreifen und einem guten halben Meter für das Zweirat nur noch ein guten Meter schmal.
Dann der Steingrübenweg. Auf der einen Seite gibt es gar keinen Gehweg, die andere Seite wird als Parkplatz benutzt. Es ist zwar eine Sackgasse, aber man sieht, dass dort am Ende ein Gehweg über die Treppe auf die dahinter liegende Straße angeboten wird. Die Autos könnten (und sollten) hier ohne Probleme auf der Straße stehen.
Es gibt aber nicht nur schmale Gehwege, die aufgrund von Gehwegparken zu schmal sind. Dieser hier an der Gerokstraße ist von Anfang an stellenweise nur einen Meter breit.
Und das nächste Problem sind dann die Autofahrer:innen, die sich ihre eigenen Regeln machen. Wenn man irgendwo auf dem Gehweg parken darf, dann wird man das hier schon auch dürfen. An den Schäden am Gehweg kann man erkennen, dass das hier offenbar öfters passiert, schließlich sind Gehwege nicht dafür ausgelegt, schwere SUVs auszuhalten.
Und wenn ich jetzt zum Falschparken komme – da gab es auf meiner Tour durch die Stadt selbstverständlich wieder einige Exemplare. Ich habe nur mal die besonderen Fälle fotografiert, sonst wäre ich ja nicht mehr vom Fleck gekommen.
Hier in der Reinsburgstraße, direkt vor dem Goldoni. Endlich mal ein vernünftiger Gehweg, der sogar den Stuttgarter Zielen aus dem Verkehrsentwicklungskonzept 2030 (VEK2030) entspricht, er hat ganze 4,5m Breite. Aber sowas wird natürlich von einem SUV als Parkplatz missbraucht. In Stuttgart nennt man das leider auch #Stuttgartparktfair, leider bleibt da nur Zynismus übrig.
Auch dieser parkt ungeniert auf dem Gehweg. Das rechts ist ein Aufzug, der zur Straßenbahn-Haltestelle führt und der rote Belag zeigt an, dass hier durchaus mal Fahrräder erwartet werden. Aber das ist Stuttgarter Autofahrer:innen egal. Leider wird weder das Ordnungsamt bei sowas aktiv, noch die Stuttgarter Polizei.
Auch dies ist ein gutes Beispiel für das „faire“ Gehweg-Parken in Stuttgart. Wenn man schon da steht, könnte man ja wenigstens einen Mindestanstand zeigen und durch das Vorfahren an die Mauer die Behinderung so minimal wie möglich halten. Aber das machen Stuttgarter Autofahrer:innen nicht. Sie halten hier extra noch einen Meter Abstand, dass die Fußgänger:innen extra noch mehr behindert werden.
Zum Schluss noch ein paar Eindrücke von einer beliebigen Straße, hier die Forststraße im Westen. Um etwa 18:30 mehr als zehn Gehwegparker auf 200m.
Warum sich das Stuttgarter Ordnungsamt so auf der Nase herumtanzen lässt, ist mir unbegreiflich. Erst recht, wenn man weiß, dass der Stadtsprecher immer behaupten muss, dass man sich aber wirklich und ernsthaft seit über zehn Jahren angeblich um dieses Thema kümmert.
Und beim Thema des legalen Gehwegparkens wird die gesamte Verwaltung vermutlich die „Vogel-Strauß-Kopf-in-den-Sand“-Methode anwenden und hoffen, dass in einigen Monaten das Corona-Virus nicht mehr besonders relevant ist und nur noch das Virus Auto in den Köpfen der Menschen ist. Diese Krankheit, die bei den meisten Menschen diese ganzen Nachteile des motorisierten Individualverkehrs als völlig normal ansieht und alles akzeptiert.
Engagierte Stadtplaner:innen würden spätestens diese Corona-Krise zum Anlass nehmen, alle dieser Gehweg-Park-Schilder zu entfernen und die Autos wenigstens zurück auf die Straße zu stellen! Offenbar gibt es sowas in Stuttgart nicht, schade.
Update: in der Bildtafel der StVO gibt es sage und schreibe 32 verschieden Varianten, die das Gehwegparken in deutschen Städten regeln. Unter der Nummer 315 kann man z.B. bei der Wikipedia alle diese Versionen sehen.
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