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Lenzhalde ohne richtigen Gehweg

anti-demokratisch

der Stuttgarter Gemeinderat hat vor etwa zehn Jahren mehrheitlich das „Verkehrsentwicklungskonzept 2030“, kurz VEK2030, beschlossen. Da stehen grundsätzlich sinnvolle Sachen drin und die Hälfte der vorgesehenen Zeit ist auch schon abgelaufen.
Das Thema Gehwege hat dort ein eigenes Kapitel, #9:
„Mehr für Fußgänger tun – Wege und Verbindungen verbessern“
Dort ist u.a. diese Muss-Bestimmung festgelegt:

Um das zu Fuß gehen attraktiver zu machen, müssen die Bedingungen für Fußgänger verbessert werden. Die Fußgängernetze sind in Ihrer Gesamtstruktur teilweise unvollständig [….] die Gehwegbreiten sind oft zu gering oder werden durch parkende Autos [….] eingeschränkt.

Was das bzgl. der Gehwegbreite konkret bedeutet, wird kurz darauf nochmal festgelegt:

Die Funktion eines Gehwegs sollte sich in seiner Breite widerspiegeln. Gehwege sollten generell genug Platz bieten, dass zwei Personen bequem nebeneinander gehen oder sich begegnen können, auch wenn sie übliche Dinge wie Einkaufstaschen oder Regenschirme mit sich führen. Das entspricht in der Regel einer Breite von 2,50m, was einem einbaufreien und nutzbaren Gehweg von 1,80m Breite entspricht. Vielfach ist jedoch eine deutlich größere Gehwegbreite zweckmäßig. Die Stadt Stuttgart nimmt in der Planung als Regelmaß eine Breite von 2,50m und grundsätzlich eine Mindestbreite von 2m an.

Soweit, sogut – könnte man denken. Es ist alles sonnenklar beschrieben, das sollte doch jede:r verstehen.
Aber dann kommt die Verwaltung der Stadt Stuttgart und setzt solche Beschlüsse einfach nicht um!
Im September wurde an der Serpentine auf der Lenzhalde die Straße neu gemacht (OpenStreetMap). Die Baustelle war dort – wenn ich mich richtig erinnere – zwei Wochen. Während der kompletten ersten Woche parkte noch ein Mini direkt in der Baustelle (hier ein paar Tweets dazu). Als ich das mal fotografierte, fragten mich die Bauarbeiter recht verzweifelt, ob das mein Auto wäre und ich es wegfahren könne.

Baustelle an der Lenzhalde mit Falschparker

Man sieht schon deutlich, wie extrem breit diese Straße hier ist und wie schmal der Gehweg im Vergleich dazu ist.

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Stuttgarter Fahrradstraße

Wie, Fahrradstraße?

ja, mit so einer Äußerung „Wie, das hier ist eine Fahrradstraße‽ Das wusste ich gar nicht!“ wird man immer wieder konfrontiert, wenn man die Autofahrer:innen fragt, wieso sie denn auf dieser 350m langen Fahrradstraße in Stuttgart fahren. Natürlich wissen sie es und sie sollten auch wissen, dass sie dort nicht mit dem Auto fahren dürfen. Aber durch die lebenslange Erziehung von untätigen Ordnungsämtern und lediglich verwarnenden Polizist:innen, wissen sie eben auch, dass sie mit dieser naiven (wenn auch gelogenen) Frage immer gut durch kommen.

Wie ich dazu komme, dass sie es wissen müssten?
Ich habe mir die Einfahrt in die Fahrradstraße mal angeschaut. Zuerst steht da ein großes Schild, auf dem viel blau-weißes steht: eine Busspur und eben eine Fahrradstraße. Dass die tatsächlichen Spuren nicht mit dem Schild übereinstimmen ist in Stuttgart nur ein vernachlässigbares Detail; es gibt hier viele Schilder, die falsch und/oder unsinnig sind.
Stuttgarter Fahrradstraße
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Verkehrssicherheit

gestern, am 19. Oktober 2020, hat die Stadt Stuttgart ihren Bericht über die Unfälle mit Radbeteiligung veröffentlicht; dazu noch ein kurzes Video mit Frau Scherz, der Leiterin sowohl der Abteilung Straßenverkehr als auch der lokalen Verkehrsbehörde.
Der Bericht mit den zugehörigen Anlagen findet sich auf der Seite der Stadt Stuttgart, das Video – natürlich – auf youtube.

Frau Scherz über die Fahrrad-Unfalllage in Stuttgart

Screenshot von YouTube: Frau Scherz über die Fahrrad-Unfalllage in Stuttgart

Als ich mir das alles durchgelesen und angesehen habe, ist mir der große Unterschied zwischen der deutschen Verkehrs- und somit auch Stadtplanung im Vergleich zum niederländischen Ansatz aufgefallen. Frau Scherz wird damit zitiert:

Wir kommen von dieser Unfalllage dann runter, wenn sich alle Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr konzentrieren, im hier und jetzt unterwegs sind, alle Sinne benutzen und sich konzentrieren.

Ähnlich sagt es der Baubürgermeister Herr Pätzold.

Radfahrende schützen sich und andere durch rücksichtsvolles und regelkonformes Verhalten.

Und auch OB Kuhn spricht davon, dass man sich halt nur richtig verhalten müsse.

Es ist wichtig, das eigene Verhalten im Verkehr zu hinterfragen.

Diese Zitate sind nicht von irgendeiner Zeitung evtl. falsch verstanden oder (un)absichtlich verdreht worden, sie sind genau so von der Stadt selbst veröffentlicht worden.
Ganz anders sehen es dagegen unsere niederländischen Nachbarn. Im „Sustainable Safety“ Codex steht gleich in der Präambel der englische Kurzversion drin:

Aus der Präambel des Sustainable Safety Codex aus den Niederlanden

Aus der Präambel des Sustainable Safety Codex aus den Niederlanden

„Jede:r kann einen Unfall haben. Alle machen ab und zu mal Fehler, davon gibt es mehr als genug Beispiele. Menschen machen nunmal Fehler und das Risiko für schwerwiegende Fehler steigt, wenn sich Menschen gegen die Verkehrsregeln verhalten. Daher ist es nötig, dass solche schweren Fehler von Vorneherein ausgeschlossen werden.“ (und damit sind nicht zusätzliche Schilder oder Rücksicht gemeint)

Kurz gesagt: während man generell hier in Deutschland – und eben auch in Stuttgart – mit erhobenem Zeigefinger das vorwurfsvolle „Pass doch auf!“ sagt, wird in den Niederlanden das deutlich angenehmere „Ich pass auf dich auf!“ zu den Verkehrsteilnehmer:innen gesagt.
Das merkt man auch sofort, wenn man dort unterwegs ist. Während hier z.B. Ampeln so geschaltet werden, dass Radfahrer:innen ausgebremst werden, nur damit der „richtige“ Auto-Verkehr minimal besser fließt, kann man das eben auch anders machen. Radfahrer:innen brauchen grundsätzlich gar keine Ampeln, es gibt z.B. solche Kreuzungen mit „Rundum-Grün“ in Groningen (während es Kreuzungen in Stuttgart gibt, an denen man als Radfahrer:in ganze siebenmal rot hat). Und wenn man eben merkt, dass mal als Radfahrer:in ernst genommen wird (wie in den Niederlanden) und nicht ständig sinnlos schikaniert wird, wie beispielsweise an irgendwelchen roten Ampeln an leeren Straßen zu warten, hält man sich automatisch an die Regeln. Das ist alles von Anfang an in die Infrastruktur extra so eingeplant und macht einen großen Unterschied in der Benutzung. Wie viele der 818 Ampeln in Stuttgart so offensichtlich nur für den Autoverkehr ausgelegt sind, die man als Radfahrer:in problemlos passieren könnte, müsste man mal zählen. Grundsätzlich wäre ich deutlich schneller – und dabei genauso sicher – in dieser Stadt unterwegs, wenn ich nach Vernunft und nicht nach roten Auto-Ampeln führe; als einer der bekanntesten Radfahrer hier will ich den ganzen Leuten deren Hirn bei diesem Themenkomplex völlig abschaltet und nur noch „ABER DIE RADFAHRER!!!11!!elf“ geifern können, nicht noch weiteres Futter für ihre Hetze geben.

P.S. Das ist übrigens der Tweet der Stadt Stuttgart zum Thema. Wieso dem Stadtsprecher, der sich selbst gerne als „Mann des Wortes“ bezeichnet, gerade dieser Tippfehler im Namen von Susanne Scherz passiert und nicht korrigiert wird?

Screenshot des Tweets der Stadt Stuttgart

Screenshot des Tweets der Stadt Stuttgart: Susannes Scherz

Impressionen Stadtradeln

Stadtradeln

vom Klima-Bündnis gibt es jedes Jahr eine Aktion „Stadtradeln„. Das ist eine Art Wettbewerb, welche Person und welches Team die meisten Kilometer in einem dreiwöchigen Zeitraum erradeln kann. 2017 habe ich das in meiner Kommune Stuttgart zufällig gewonnen, weil ich damals ja noch im Urlaub war und jeden Tag nichts anders machte, als Rad zu fahren. Dieses Jahr wurde es wegen Corona vom Mai in den September verschoben, zufällig genau in die Zeit, als ich sowieso schon den Urlaub eingeplant hatte. Also schnell ein Ziel gefasst (2.500km) und dann nur noch jeden Tag rechtzeitig aufstehen, um die Kilometer zusammen zu bekommen.
Anfangs bin ich noch eher um Stuttgart herum gefahren, weil ich mich noch nicht so recht traute, bzw. nicht wusste, wie die Hotels und Jugendherbergen geöffnet sind.
Bei solchen Ausblicken muss man ja auch gar nicht so weit weg.
Impressionen Stadtradeln Impressionen Stadtradeln Impressionen Stadtradeln
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Trossingen

am Donnerstag, 24. September, wird in Stuttgart ein neuer Bürgermeister für das Referat „Sicherheit, Ordnung und Sport“ gewählt, auch kurz Ordnungsbürgermeister genannt. Es gibt dafür in der ziemlich veralteten Gemeideordnung „Soll-Bestimmungen“, wer das Vorschlagsrecht für diesen Posten hat. Angeblich soll das gerade den Freien Wählern zustehen, allerdings gab es bei der letzten Wahl schon seltsame, politische Spielchen, so dass die Bürgermeisterin Fezer mit den Stimmen der Freien Wählern gewählt wurde – und nicht der grüne Kandidat Wölfle, der eigentlich nach dieser Soll-Bestimmung „dran“ gewesen wäre.
Es ist letztendlich eben doch eine Wahl und die Kandidaten mit dem besten Programm sollten gewählt werden.
Die Freien Wähler haben einen Bürgermeister der Kleinstadt Trossingen aufgestellt. Dort leben weniger Menschen, als in der Stuttgarter Verwaltung arbeiten. Ein Programm scheint dieser Clemens Maier überhaupt nicht zu haben. Der Zweirat Stuttgart hat einen Fragebogen an beide Kandidaten verschickt und um eine Beantwortung gebeten. Von Maier kam keine Antwort. Auch der BUND hat bereits im Juli eine Stellungnahme verfasst.
In den Zeitungsartikeln, die in der lokalen Stuttgarter Zeitung zu dieser Wahl erschienen sind (31.8. und 21.9.), wird nichts darüber geschrieben (leider nur gekürzte StZ+ Artikel, wenn man kein Abo hat). Man kann dort nur sowas lesen:

Er sei „ein Mann ohne jegliche Vision und Elan“ und lasse Führungskompetenz vermissen.

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Geisterradler

nach längerer Home-Office Zeit bin ich heute mal wieder mit dem Rad ins Büro gefahren. Natürlich regnet es seit längerem mal wieder und da ich einen Termin habe, konnte ich nicht das Regenradar auf mögliche Regenlücken beobachten.
An der Stuttgarter Stresemannstraße neben dem Killesbergpark wird gerade „irgendwas für Radfahrende“ gemacht. In dem Fall wird eine farbige Radspur auf den Boden gemalt, eher direkt in die sog. Dooring-Zone (also den Bereich, der wegen aufgehender Auto-Türen nicht mit dem Rad befahren werden sollte).
Die abschüssige Strecke wird aktuell offenbar gerade fertiggestellt und ist voll gesperrt, weder Fußgänger:innen noch Radfahrer:innen dürfen hier weiter.
Baustelle an der Stresemannstraße
Über die ausgeschilderte Umleitung wundere ich mich noch ein bisschen. Wo soll es denn auf der linken Seite weiter gehen?
Dort, auf der anderen Seite der Straße steht tatsächlich ein Schild, das mich auf der Gegenseite weiter führen will.
Baustelle an der Stresemannstraße
Und wenige Meter später ist dann die Überraschung perfekt. Ich soll jetzt offenbar auf diesem schmalen Radstreifen als „Geisterradler“, zwischen links geparkten Autos und dem rechts von mir fahrenden Gegenverkehr hier fahren?
Baustelle an der Stresemannstraße
Dass die Stadt Stuttgart den Radverkehr bis jetzt noch nicht durchdenken kann, hat sie ja schon oft gezeigt. Aber eine solche kapitale Fehlplanung kann doch nicht wirklich ihr ernst sein?
Kann mir bitte jemand sagen, dass ich da irgendwas falsch verstanden oder etwas übersehen habe?

Update: ich habe am nächsten Tag probiert, die Situation nochmal zu analysieren, die Sperrung ist jetzt aber bereits aufgehoben. Das Umleitungsschild auf der gegenüberliegenden Seite stand noch, über den Park habe ich keine Umleitung gesehen.
Allerdings habe ich das Überholverbotsschild mitgenommen und mir gedacht, dass das ja die perfekte Gelegenheit dafür gewesen wäre, natürlich richtig aufgehängt und nicht nur so an der Baustellen-Bake. Die Strecke dort ist leicht abschüssig (laut Strava mit 3%). In Kombination mit Tempo 30 wäre das also überhaupt kein Problem gewesen und eine vernünftige, allererste Nutzung dieses neuen Verkehrsschildes.

Überholverbot einspuriger Fahrzeuge an der Stresemannstraße

Überholverbot einspuriger Fahrzeuge an der Stresemannstraße

Baustellen auf dem Radweg Pragstraße

Radweg an der Pragstraße

als Stuttgarter, der sich 2018 noch für den Radentscheid engagiert hat, hat man noch die vollmundigen Versprechen des Baubürgermeisters Pätzold im Ohr. Ganz 20 Fahrradstraßen wollte er 2019 noch erstellen (keine einzige ist es dann geworden), auch OB Kuhn hat kurz darauf die „echte Fahrradstadt“ ausgerufen. Und selbst der offensichtlich vollkommen überforderte Chef des Stadtplanungsamtes, Oehler, der erst mit Helm und neongelber Jacke im Hundeklo stehend verkündete, dass erguten Gewissens“ in Stuttgart radfahren könne, hat Ende letzten Jahres noch versprochen, dass jetzt „die Projekte purzeln„. Auf all das wartend, bin ich am Wochenende mal die Pragstraße runter gefahren. Dort sind auf 400m jetzt vier Baustellen.
Man steht an der Kreuzung Löwentor und sieht, dass der Radweg nun vorbei ist. Das Schild wird dafür natürlich nicht entfernt oder überklebt, die Radler sind ja schlau genug, dass sie das auch so verstehen.Baustellen auf dem Radweg Pragstraße
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Unfall am Wilhelmsplatz

letzten Freitag haben mehrere Radfahrende in Stuttgart von einem weiteren, schweren Unfall berichtet. Es wurde offensichtlich ein Radfahrer übersehen, als ein Autofahrer die Spur wechselte (hier die Pressemitteilung der Polizei)
Dass hier früher oder später ein schlimmer Unfall passieren wird, war sonnenklar. An dieser Kreuzung stimmt einfach überhaupt nichts! Und rote Farbe hat noch bei keinem Unfall ihre schützende Zauberwirkung entfaltet.
An der Stelle, wo ich hier aktuell stehe, kommen die Autos von schräg links hinter mir oder biegen hier von einer hinter mir querenden Straße ab. Gesehen werde ich nur schlecht, da links von mir diese Grünfläche mit Baum ist. Dann sehen sie hier einen Pfeil in alle Richtungen, es geht leicht bergab und wenige Meter weiter sehen sie die Ampel. Es ist eine der vielen Ampeln in Stuttgart, bei der man (diplomatisch gesprochen) überdurchschnittlich lange warten muss. Ich fahre 1000x lieber wo anders lang, als hier minutenlang zu warten. Autofahrer geben daher hier noch öfters Gas, als an anderen Ampeln, um das sinnlose Warten zu vermeiden. Dazu kommt noch, dass der Autofahrer von einer Spur mit allen Pfeilen auf einmal auf einer Rechtsabbiege-Spur ist und – falls er das nicht möchte – innerhalb weniger Meter noch schnell einen Spurwechsel machen muss. Radfahrer dürfen eigentlich nie links fahren. Für sie gilt sogar innerorts das Rechtsfahrgebot (es wird nämlich nur für Kraftfahrzeuge aufgehoben) und es gibt immer mehr Ampeln, wo indirektes Linksabbiegen angeboten wird; also erstmal geradeaus über die Kreuzung fahren, dann rechts ranfahren und bei der nächsten Ampelschaltung geht es dann eben links (bzw. dann eben geradeaus) über die Kreuzung.
Fahrradweiche am Wilhelmsplatz
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Gehwegparken

was ja schon lange stört, sind Autos, die jegliche öffentliche Flächen in unseren Städten zustellen und dabei natürlich auch auf den Gehwegen parken. Städte sollten Orte sein, an denen Menschen zusammenkommen, wo man sich treffen kann, wo (nicht nur) Kinder spielen können.
Unsere heutigen Städte sind leider nur noch große Parkplätze.
Woher dieser Anspruch kommt, dass man das eigene Auto (oder noch schlimmer, den Firmenwagen) immer direkt vor der Türe parken können muss, ist mir völlig unerklärlich. Es gibt in den Städten jede Menge Parkraum, sei es in Tiefgaragen, Parkhäusern oder großen Parkplätzen – wie im Stuttgarter Fall – zum Beispiel am Wasen-Parkplatz. Dort könnten überall die Autos stehen und sie würden nicht mal besonders stören.
Wir als Gesellschaft nehmen es jedoch hin, dass uns überall, wo wir leben, entweder mehrspurige Schnellstraßen trennen, oder eben überall Autos im Weg rumstehen.

Ganz besonders schlecht dabei ist das Gehweg-Parken. Leider gibt es in der StVO ein Schild (Update dazu ganz unten), das genau sowas sogar erlaubt. Das ist schon immer scheiße, jetzt in Corona-Zeiten, da man das gesellschaftliche Leben – wenn überhaupt – nur mit ordentlich Abstand genießen soll, fällt das besonders auf.

Hier ist ein solches Schild und man sieht, dass vom ursprünglichen Gehweg nur noch wenig übrig ist. Parkplätze sind üblicherweise 2m breit, also war der Gehweg davor mal gemütliche ca. 3,5m. Jetzt stehen da Autos. Und dann noch die Unsitte, dass alles auf den Gehweg kommt. Hier noch das Verkehrsschild und dieser Verteilerkasten. Als Fußgänger:in kann man schauen, wo man bleibt. Ist man noch jung und fit, kann es einem egal sein. Wenn man jedoch einen Rollator braucht oder einen Rollstuhl, wenn jemand entgegen kommt, vielleicht sogar ein Kind auf dem Fahrrad, wird es schon zu normalen Zeiten eng. Der 1,5m-Corona-Abstand ist damit nicht mehr machbar. Und wenn dann, wie hier, noch ein solches Alibi „Vorsicht Kinder“ auf die Straße gemalt wird, fallen normalen Leuten auf die Schnelle zig Möglichkeiten ein, Kinder vor dem Autoverkehr zu schützen, anstatt diese superbreite und abschüssige Straße einfach so durchs Wohngebiet zu betonieren. Wenn ich es noch richtig weiß, ist es die Sonnenbergstraße.
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Fahrradgaragen

das Thema „Fahrradgaragen“ wird schon seit einiger Zeit in Stuttgart diskutiert. Ich habe mich schon recht früh in das Thema eingearbeitet und daher kenne ich mich daher relativ gut aus. Das merke ich auch daran, dass viele Leute davon noch überhaupt gar nichts wissen oder bei mir Details erfragen.

Daher möchte ich es, nachdem die erste Fahrrad-Garage in Stuttgart nun seit wenigen Tagen steht, hier mal etwas aufarbeiten. Sollte etwas falsch sein oder fehlen, einfach kurz Bescheid geben.

Angefangen hat es, meines Wissens nach, mit diesem Antrag, der im Oktober 2017 zum Doppelhaushalt 2018/2019 der Stadt Stuttgart gestellt wurde, #419/2017:
–> https://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/ksdRedSystem.nsf/0/F34F17E55FB079EAC12581BE0047BBD5
Der Inhalt von Punkt 3b, auf einen Satz zusammenfasst: Die Stadt soll 60 Fahrradgaragen, speziell für hochwertige Pedelecs und Lastenräder in den Wohngebieten für die Bewohner:innen bauen und kriegt dafür 400.000€. Er wurde im entsprechenden Unterausschuss angenommen, wenn auch mit einer nur knappen Mehrheit. Daraufhin ist jedoch nichts passiert, was man als Außenstehender bemerkt haben könnte.

Im Oktober 2018, also etwa ein Jahr nach dem Beschluss, hat der Zweirat Stuttgart diesen Antrag öffentlich gemacht und auch mit Hilfe des Stuttgarter Magazins Lift innerhalb kurzer Zeit mehrere Hundert Interessierte Stuttgarter Einwohner:innen gefunden, die einen solchen sicheren (Lasten-) Radparkplatz haben wollen.
–> https://zweirat-stuttgart.de/2018/10/19/die-stadt-will-fahrrad-garagen-bauen/
Die Interessierten wurden kartiert und es waren schnell viele Stellen, wo die geforderten vier Parteien in unmittelbarer Nähe wohnten. Damit hätte man sofort diesen Auftrag des Gemeinderates umsetzen können.
Die Reaktion der Stadt war jedoch verwirrend. Anstatt sich für die Initiative zu bedanken, wurde sehr schnell vom Stadtsprecher verkündet, dass es „nicht stimme“. Bis heute hat er jedoch noch keine Antwort darauf gegeben, was an der Zweirat-Darstellung falsch sein soll. Dann legte er nach und behauptet, dass „der [Gemeinde-] Rad das nicht beschlossen“ hätte, worauf er sogar von einer Gemeinderätin korrigiert wurde.
–> https://twitter.com/svmatis/status/1054748676411809792
Was der Hintergrund dieser Aussagen des Stadtsprechers ist, ist bis heute nicht bekannt.

In Februar 2019, vermutlich auf Druck des Radentscheid Stuttgart, wurde diese Seite auf der Homepage der Stadt veröffentlicht:
–> https://www.stuttgart.de/item/show/466797/1/3/668707
Auch hier ist wieder zu lesen, dass die Stadt Radgaragen in Wohngebieten erstellen will. Von Lastenrädern ist schon nichts mehr zu lesen. Ein Konzept solle im Sommer vorgestellt werden.
Am 9. Juli 2019 stand das Thema Fahrradgaragen dann auf der Agenda des Radforums PG1. Dieses Radforum ist zwar eine öffentliche Veranstaltung, die jedoch nicht öffentlich beworben wird. Hier wurde ein Bild von einer potentiellen Fahrradgarage gezeigt. Da war klar, dass Lastenräder dort sicherlich nicht rein passen werden. Auch der angedachte Ort unter der Paulinenbrücke ließ die Interessierten verwundert zurück. Das ist definitiv kein Wohngebiet. Ob ich das damals gezeigte Bild veröffentlichen darf, ist mir aktuell nicht klar, es ist aber schon sehr nah an der aktuell aufgestellten Garage.
Letztendlich wurde gesagt, dass dies nun ein Pilot sei (Quelle). Ich kann mich erinnern, dass diese Pilotphase nun erstmal zwei Jahre gehen soll (Quelle), bevor irgend welche weiteren Überlegungen und Planungen durchgeführt werden. Schnell war man auch dabei, eine Entgeltordnung für diese Garagen zu erstellen. Während Autofahrer:innen in Stuttgart lediglich 30,70€ für einen Anwohnerparkausweis zahlen müssen, ist ein solcher Stellplatz in dieser Garage für 90€ im Jahresabo oder für 1€ pro Tag buchbar.

Zu den angesprochenen, angeblich rechtlichen Problemen:
1. gibt es alleine im Stuttgarter Westen etwa 9.500 Parkplätze (Untersuchung dazu). Hiervon nun ganze zehn Parkplätze für solche Fahrradgaragen umzuwidmen, sollte doch absolut kein Problem sein. Erst recht nicht in einer Stadt, die zumindest irgendwie probiert den Eindruck zu vermitteln, eine „echte Fahrradstadt“ (Quelle dazu) sein zu wollen.
2. habe ich in Leipzig gelernt, wie sie Fahrradbügel auf die Straße/Parkplätze bringen konnten. Sie haben die weißen Straßenbegrenzungslinien einfach um diese Fahrradparkplätze gezogen. Somit waren sie nicht mehr Teil der Straße, sondern man konnte damit alles andere anstellen. Es gibt also kreative Lösungen, wenn man etwas umsetzen will. Während anderswo Lösungen suchen, hat man in Stuttgart immer wieder den Eindruck, dass hier mit viel Aufwand immer wieder nur Ausreden gesucht werden.
3. gibt es diverse Städte in Europa und auch in Deutschland, die es schon geschafft (oder soll man schreiben „gewollt“) haben, sichere Fahrradstellplätze für die Anwohner:innen bereitzustellen, siehe hier.

Mein Vorschlag wäre ja, dass diese Fahrradgaragen in die Wohngegenden mitten auf die Straßen gestellt werden. Diese werden aktuell fast immer nur als bequeme und ampelfreie Durchgangsstraßen genutzt. Diese neuen Garagen könnten daraus dann viele Sackgassen machen, mit einem roten Fahrradweg, der trotzdem noch durch führt; sie ständen direkt vor den Häusern der Radbesitzer:innen, würden sogar keine dieser ach-so-wichtigen Parkplätze wegnehmen und eine Art „Superblock-Straßennetz“ erzeugen, mit dem andere Städte schon sehr gute Erfahrungen gemacht haben (Quelle). Nebenbei wird der Autoverkehr deutlich reduziert und um diese Garagen könnten noch kleine Parks, Bäume oder eben freie öffentliche Räume entstehen, wo Menschen mitten in der Stadt dann leben können und nicht nur toter Platz für fahrende oder parkende Autos bereitgestellt wird. In relativ kurzer Zeit würde die Anzahl der Autos dadurch stark sinken und man gewinnt weiteren, wertvollen Platz für die Stadtbewohner:innen.
Das stelle ich mir unter einer #Fahrradstadt oder einer lebenswerten Stadt vor.

Fazit
Inzwischen sind über zwei Jahre seit dem beschriebenen Antrag vergangen. Es gibt keine einzige Fahrradgarage in Wohngebieten, obwohl es schon 60 sein sollten. Von dem beantragten Geld ist nichts für den eigentlichen Zweck verwendet worden. Es gibt jetzt nur diesen einen Pilotversuch, der über zwei Jahre laufen wird, bis die Stadt über das weitere Vorgehen entscheidet. Lastenräder kann man in dieser Garage überhaupt nicht abstellen.
Es fällt mir schwer, an dieser ganzen Geschichte etwas positives zu sehen. Und ich will gar nicht daran denken, dass es in anderen Bereichen, wo ich mich nicht eingearbeitet habe, ganz ähnlich läuft.

Update: mittlerweile wird das Thema auch in den Stadtteilen diskutiert und kritisch gesehen. Im Stuttgarter Westen sollen in paar Pilotstandorte gesucht werden, allerdings ist dort kaum ein Platz zu finden. Selbst der lokale Bezirksbeirat traut sich nicht an einen einzigen Autostellplatz heran, sondern kommt nur auf die Idee, diese Garagen auf Bürgersteige und öffentliche Plätze zu stellen. So wird das nix!
Hier noch zwei Beiträge aus der Stuttgarter Zeitung, vom 4.2. und vom 21.2.

Feinstaub-Alarm

ach, das ging überraschend schnell. Zum Jahreswechsel hat die Stadt Stuttgart beschlossen, Feinstaub-Alarm auszulösen, wenn es nötig wird. Und gute zwei Wochen später ist es schon so weit. In den ersten zwei Jahren ist das noch alles freiwillig; mal sehen, wie viele Leute am Montag freiwillig auf das Auto verzichten werden.
Da mir sonst immer gerne mal Pessimismus vorgeworfen wird (den ich eher als Realismus auslege) hier einfach mal meine schnelle Einschätzung: Ich befürchte ja ganz optimistisch, dass bei den ersten paar Malen das noch ein bisschen befolgt wird, aber in kurzer Zeit wird sich niemand mehr daran halten. Mal sehen – und wer weiß, wie sich die Menschen verhalten würden, wenn man nicht vom halbwegs niedlichen Wort „Feinstaub“, sondern vom eher treffenden und genauso griffigen „Giftstaub“ redete….
Mehr Infos darüber auf der offiziellen Seite der Stadt.