es gibt viele Apps für Fahrrad-Navigation auf dem Markt. Vor ein paar Jahren habe ich schon mal ein paar davon ausprobiert und wollte mich für die beste entscheiden. Keine hat mich jedoch überzeugt.
Klar, mit jeder App kommt man ans Ziel – aber keine App ist auch nur annähernd so gut, wie die eigene Erfahrung (ja, dieses Wortspiel ist gewollt).
Gerade in Zeiten von #Corona ist das #Fahrrad eine Alternative zum ÖPNV und zudem umweltverträglicher als das Auto. Die Stadt #Stuttgart unterstützt Radfahrerinnen und Radfahrer jetzt mit einem kostenlosen Zugang zur Navigations-App @BikeCitizens. ℹ️ https://t.co/tDM9Bz8wVZ pic.twitter.com/9SIoE1Pp1f
— Stadt Stuttgart (@stuttgart_stadt) April 8, 2020
Sehr überraschend kam für mich – und viele andere Teile der hiesigen Radszene – dann diese Entscheidung der Stadt Stuttgart, die App Bike Citizens hier zu unterstützen. Dies sieht so aus, dass man die Karte der Region Stuttgart nun kostenfrei herunterladen kann. Für mich ist das nichts neues, denn während meinen Versuchen (es müsste 2016/17 gewesen sein) gab es von Bike Citizens die Gelegenheit, die Karte durch das Fahren von 100km mit dem Rad sich sozusagen zu erarbeiten. So bin ich dann auch zu den Karten von Toronto und Reyjkavik gekommen. Seitdem habe ich aber nichts mehr mit der App gemacht, weil das Routing mich nicht überzeugt hat und die App sonst keinen Nutzen hatte. Man konnte sich noch eine sog. Heatmap erzeugen lassen. Das ist zwar ganz nett, aber wenn man das ein paar Wochen oder Monate lang macht, hat man üblicherweise alle Strecken aufgezeichnet, die man so fährt. Das sah für mich dann so aus.
Wie gesagt: nur eine Spielerei, für die es sich nicht weiter lohnte, die App zu nutzen.
Aber gut, inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen und ich habe von anderen Städten gehört, dass sie Kooperationen mit der Firma Bike Citizens eingegangen sind. Ich habe es nie so richtig verfolgt, weil ich es immer aussichtslos fand, die Stadt Stuttgart mit guten Beispielen aus anderen Städten überzeugen zu wollen. Bremen zum Beispiel bietet schon lange ihren Radroutenplaner über Bike Citizens an; im Vergleich dazu die Stuttgarter Eigenbau-Variante, die ich wegen (fehlender) UX nicht nutze. Das UX steht neudeutsch für User-Experience, also „Nutzungserlebnis„. Wenn ich mich noch richtig erinnere, wollten sie in Bremen auch anhand der erradelten Strecken die Lücken und Probleme der vorhandenen Radinfrastruktur ermitteln. Daten sind schließlich das neue Gold! Dass das möglich ist, verspricht zumindest die Bike Citizens Webseite hier. Lücken und Probleme in der spärlich gesäten Stuttgarter Infrastruktur sind nur allzu gut bekannt und von Anfang an so eingeplant (zum Beispiel führt die einzige Hauptradroute mitten durch eine sehr schmale Fußgängerzone). Dass hierbei ein Wille zur Veränderung oder gar Verbesserung vorhanden ist, ist hier nur schwer zu glauben.
Aber zurück zur App. Ich habe sie mir also besorgt und mal wieder angeschaut. Mein Login hat noch funktioniert und meine alten Strecken sind tatsächlich noch alle vorhanden. Die App kann jetzt noch „Kampagnen“ anbieten. Hier gibt es aktuell (natürlich/noch) keine.
Was man hier genau anbieten könnte, ist mir auch nicht so recht klar, wenn ich zurück nach Bremen schaue, haben sie dort scheinbar zusammen mit der Kunsthalle einen Wettbewerb „Bike an Icon!“ ausgerufen. Dabei sollten Kunstwerke mit der gefahrenen Strecke gezeichnet werden. Und ich bin mir sicher, dass man auf den Erfahrungsschatz der Leute von Bike Citizens zurückgreifen könnte, wenn man eine solche Kampagne anbieten wollte.
Der nächste Punkt sind „Accomplishments“. Na endlich! Ruhm und Ehre. Oder – wie es mal wieder auf neudeutsch heißt: Gamification. Durch spielerische Herausforderungen wird man animiert, mehr (oder überhaupt) mit dem Rad zu fahren. Zumindest habe ich das beim ersten Lesen darunter verstanden.
Wenn ich mir das allerdings anschaue, verstehe ich nix. Der Einstieg in diese Errungenschaften zeigt mir vier Jahreszeiten (hä?) und ich deute verschiedene Fortschrittsanzeigen dahinter. Ganz oben sind offenbar die Errungenschaften, die ich bereits geschafft habe. Ein Schlauchboot. Aha.
Also klicke ich mal auf das Boot, um herauszufinden, womit ich das „verdient“ habe. Naja, schlauer bin ich nicht geworden: Fürs abhängen am See.
Auch die Liste mit allen Prämien aus der Kategorie Summer Cycling Fun lässt mich ratlos zurück. Die Gummiente und der Wasserball sind zwar auch in meiner Pokalsammlung. Wofür ich die bekommen habe, ist mir ebensowenig klar. Und wofür diese Zahlen dahinter stehen, sagt mir auch überhaupt nichts. Paddelboot, aha, 2873. Klar?!
Bei den anderen Jahreszeiten ist es ähnlich unverständlich. Im Frühjahr soll ich mich um „Wachstum in meinem Garten“ kümmern und mir wird vorgehalten, wie eine „Nacktschnecke“ zu radeln. Ab acht Tracks bekäme ich „Kresse auf mein Butterbrot“.
Ich bin inzwischen seit dem ersten Probieren mit der App am 8. April schon elf „Tracks“ (wovon ich vermute, dass es einzelne Fahrten sind), mit insgesamt 256km geradelt. Von Kresse habe ich noch nichts gesehen und in meinem Garten sind immer noch 0%.
Naja, vielleicht stehe ich einfach nur auf der Leitung oder ich suche nach einem Sinn, den es einfach nicht gibt. Wer weiß.
Vielleicht kann es mir ja auch mal irgendwer erklären, was das ganze hier bedeutet.
Update: Ich bin ein paar Tage später immer noch nicht schlauer.
Zurück zu Stuttgart:
Zufällig(?) am selben Tag haben sie auch noch diese Nachricht im Social Media veröffentlicht, dass auf den Wertstoffhöfen maximal vier Autos erlaubt sind.
Dass man auch mit einem Lastenrad (dessen Anschaffung sogar u.U. von der Stadt gefördert wird) auf einen solchen Wertstoffhof fahren kann, ist dort offenbar völlig undenk- und unsagbar. Somit weiß ich nicht so recht, wie ich diese Aktivitäten in Bezug auf die Bike Citizens App einordnen soll.
#Corona-Krise: Die #Wertstoffhöfe bleiben vorerst geöffnet. Um Anliefernde und Mitarbeiter zu schützen, ist der Einlass auf vier Autos pro Hof beschränkt. Die AWS appelliert an die Bürger, die Wertstoffhöfe nur in dringenden Fällen aufzusuchen. ℹ️➡️ https://t.co/gHXXfsi9Wl pic.twitter.com/Mo16yEPe7G
— Stadt Stuttgart (@stuttgart_stadt) April 8, 2020
Zum Schluss noch was Schickeres. Meine eingangs angesprochenen Heatmaps von Reykjavik; das war auf einer Tour durch die ganze Stadt, hier mein damaliger Bericht dazu.
Und vom Besuch in Toronto, bevor ich meine Radreise durch Kanada startete. Das war alles mit solchen Leihrädern, wie hier beschrieben.
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