in Stuttgart gibt es wieder einen kleinen Aufreger: da hat es doch tatsächlich jemand gewagt, ein Nachbarschaftsbänkle auf dem Gehweg aufzustellen! Als das Ordnungsamt das mitbekommen hat, geht alles ganz schnell und die Bank muss innerhalb von wenigen Tagen entfernt werden! Hier ist ein Bild des Schreibens, es geht um eine „unerlaubte Sondernutzung“.
Nebenbei: Wenn man ein Auto ohne Zulassung im öffentlichen Raum stehen lässt, passiert – nachdem die Aufforderung zur Entfernung an die Scheiben geklebt werden – etwa ein halbes Jahr lang gar nichts (z.B. hier oder hier).
Ich bin an einem sonnigen Samstag Nachmittag mal dort vorbei gegangen und habe dabei fast 15 Motorräder und -Roller auf dem ca. 250m langen Abschnitt der Liststraße zwischen Strohberg und Immenhofer Straße gezählt. Wie viele Anwohner mit ihren Zweirädern gerade unterwegs waren, weiß ich natürlich nicht.
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Bike Citizens in Stuttgart
es gibt viele Apps für Fahrrad-Navigation auf dem Markt. Vor ein paar Jahren habe ich schon mal ein paar davon ausprobiert und wollte mich für die beste entscheiden. Keine hat mich jedoch überzeugt.
Klar, mit jeder App kommt man ans Ziel – aber keine App ist auch nur annähernd so gut, wie die eigene Erfahrung (ja, dieses Wortspiel ist gewollt).
Gerade in Zeiten von #Corona ist das #Fahrrad eine Alternative zum ÖPNV und zudem umweltverträglicher als das Auto. Die Stadt #Stuttgart unterstützt Radfahrerinnen und Radfahrer jetzt mit einem kostenlosen Zugang zur Navigations-App @BikeCitizens. ℹ️ https://t.co/tDM9Bz8wVZ pic.twitter.com/9SIoE1Pp1f
— Stadt Stuttgart (@stuttgart_stadt) April 8, 2020
Sehr überraschend kam für mich – und viele andere Teile der hiesigen Radszene – dann diese Entscheidung der Stadt Stuttgart, die App Bike Citizens hier zu unterstützen. Dies sieht so aus, dass man die Karte der Region Stuttgart nun kostenfrei herunterladen kann. Für mich ist das nichts neues, denn während meinen Versuchen (es müsste 2016/17 gewesen sein) gab es von Bike Citizens die Gelegenheit, die Karte durch das Fahren von 100km mit dem Rad sich sozusagen zu erarbeiten. So bin ich dann auch zu den Karten von Toronto und Reyjkavik gekommen. Seitdem habe ich aber nichts mehr mit der App gemacht, weil das Routing mich nicht überzeugt hat und die App sonst keinen Nutzen hatte. Man konnte sich noch eine sog. Heatmap erzeugen lassen. Das ist zwar ganz nett, aber wenn man das ein paar Wochen oder Monate lang macht, hat man üblicherweise alle Strecken aufgezeichnet, die man so fährt. Das sah für mich dann so aus.
Wie gesagt: nur eine Spielerei, für die es sich nicht weiter lohnte, die App zu nutzen.

Gehwegparken
was ja schon lange stört, sind Autos, die jegliche öffentliche Flächen in unseren Städten zustellen und dabei natürlich auch auf den Gehwegen parken. Städte sollten Orte sein, an denen Menschen zusammenkommen, wo man sich treffen kann, wo (nicht nur) Kinder spielen können.
Unsere heutigen Städte sind leider nur noch große Parkplätze.
Woher dieser Anspruch kommt, dass man das eigene Auto (oder noch schlimmer, den Firmenwagen) immer direkt vor der Türe parken können muss, ist mir völlig unerklärlich. Es gibt in den Städten jede Menge Parkraum, sei es in Tiefgaragen, Parkhäusern oder großen Parkplätzen – wie im Stuttgarter Fall – zum Beispiel am Wasen-Parkplatz. Dort könnten überall die Autos stehen und sie würden nicht mal besonders stören.
Wir als Gesellschaft nehmen es jedoch hin, dass uns überall, wo wir leben, entweder mehrspurige Schnellstraßen trennen, oder eben überall Autos im Weg rumstehen.
Ganz besonders schlecht dabei ist das Gehweg-Parken. Leider gibt es in der StVO ein Schild (Update dazu ganz unten), das genau sowas sogar erlaubt. Das ist schon immer scheiße, jetzt in Corona-Zeiten, da man das gesellschaftliche Leben – wenn überhaupt – nur mit ordentlich Abstand genießen soll, fällt das besonders auf.
Hier ist ein solches Schild und man sieht, dass vom ursprünglichen Gehweg nur noch wenig übrig ist. Parkplätze sind üblicherweise 2m breit, also war der Gehweg davor mal gemütliche ca. 3,5m. Jetzt stehen da Autos. Und dann noch die Unsitte, dass alles auf den Gehweg kommt. Hier noch das Verkehrsschild und dieser Verteilerkasten. Als Fußgänger:in kann man schauen, wo man bleibt. Ist man noch jung und fit, kann es einem egal sein. Wenn man jedoch einen Rollator braucht oder einen Rollstuhl, wenn jemand entgegen kommt, vielleicht sogar ein Kind auf dem Fahrrad, wird es schon zu normalen Zeiten eng. Der 1,5m-Corona-Abstand ist damit nicht mehr machbar. Und wenn dann, wie hier, noch ein solches Alibi „Vorsicht Kinder“ auf die Straße gemalt wird, fallen normalen Leuten auf die Schnelle zig Möglichkeiten ein, Kinder vor dem Autoverkehr zu schützen, anstatt diese superbreite und abschüssige Straße einfach so durchs Wohngebiet zu betonieren. Wenn ich es noch richtig weiß, ist es die Sonnenbergstraße.
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München
auf dem Rückweg von Berlin bin ich noch für einen kurzen Stopp nach München gefahren. Wenn man schon mal unterwegs ist.
Dort angekommen bin ich zuerst mal zum Hostel und habe dann mal kurz geschaut, was die Stadt heute Abend so anbietet. Ausverkaufte Konzerte, andere an Orten, von denen ich noch nie was gehört habe. Und die Vorstellung „Auto Auto! Bach driving crazy„. Im Pressetext ist unter anderem zu lesen: „Da dreschen die Künstler mit schwerem Gerät auf Blech und Verbundglas, es scheppert und schrammt, es kratzt und kreischt.“
Die Entscheidung fällt leicht. Laut Internet gibt es noch ganz wenige Restkarten, also laufe ich mal zu einer Vorverkaufsstelle. Dabei fällt mir ein, dass ich für diese Veranstaltung ja noch dringend das FCKCRS T-Shirt anziehen muss!
Auf dem Weg dorthin ein allzu typisches Bild für Deutschland. Eine kleine Türe für einen vermutlich ebenfalls kleinen Fahrradraum – nebenan eine große Doppeltür mit dem Schild Müllraum.
Es gab tatsächlich noch eine Karte einer günstigen Kategorie, ich kaufe sie und laufe zurück zum Hostel um das T-Shirt anzuziehen. Ich habe jetzt noch eine gute Stunde Zeit und das Prinzregententheater ist etwa 4,5km entfernt. Also laufe ich gleich weiter dahin.
Im Theater kriege ich dann ein Angebot, meine günstige Karte durch eine der besten Kategorie auszutauschen. Warum im Internet fast alle Karten verkauft waren, der Saal aber halbleer ist, wundert mich schon ein bisschen, aber mit der sechsten Reihe kann ich mich doch abfinden.
Auf der Bühne steht neben den normalen Instrumenten auch ein verdecktes Auto.
Meine Nachbarn philosophieren, was das wohl für ein Auto ist und ob es aufgebockt ist. Ich schaue mich bisschen um und mache Selfie-Quatsch mit der Decke, bevor ich das Smartphone ob der Hochkultur ausschalte.
Das Auto ist ein vollwertiges Schlaginstrument in der Vorführung. Bis zur Pause wird noch recht zärtlich nur mit den Händen drauf rum getrommelt. Von „schwerem Gerät“ oder einem „Scheppern“ ist nix zu sehen. Meine andere Nachbarin stöhnt aber schon merklich, immer wenn die Künstler auf das Auto zugehen. Als mit einem Schleifpapier rabiat am Lack gerieben wird, fühlt sie sich gar nicht mehr wohl.
In der Pause trage ich stolz mein T-Shirt durch die Menge und ernte tatsächlich einige verwunderte Blicke.
Danach kommt endlich das schwere Gerät zum Vorschein. Hammer, Vorschlaghammer, Brecheisen, Metallrohre, eine Axt und auch eine Flex werden nun benutzt, um dem Auto das versprochene „Kratzen und Kreischen“ zu entlocken. Meiner Nachbarin geht es vermutlich ähnlich wie dem Auto. Man sieht ihr an, dass sie Mitleid mit dem armen Auto hat. Ich freue mich wie ein Schneekönig, was ihre Situation nicht besser macht!
Zurück nehme ich dann doch mal die Bahn und sehe noch diese Werbetafel, die mit einer Tafelfolie beklebt wurde. Mit Kreide konnte man hier selbst zum Künstler werden. Eine gute Idee!
Am nächsten Tag bin ich dann bei einer Firma, die in ihrem Gang hunderte kleine Spielzeug-Autos aufgehängt hat, farblich sortiert. Ob das so eine Art Karma ist? Dass dies eine Bestrafung ist, dafür, dass ich gestern der kulturellen Opferung eines richtigen Autos beigewohnt habe?
Aber natürlich bin ich auf auf diesen Fall vorbereitet und schmuggle zwischen die gelben Autos einen solchen „NIemand muss Auto fahren“ Aufkleber rein.
Das wars dann aber auch mit diesem Ausflug. Ich laufe schon wieder zum Bahnhof, weil ich eben wieder genau diese Zeit übrig habe und bin in den etwa 30 Stunden in München jetzt tatsächlich und etwas ungeplant fast 15km rumgelaufen.
hinter den Fronten
in meinem letzten Beitrag habe ich dargelegt, wie man sich fühlen könnte, wenn man auf dem sehr steinigen Weg von einer Autostadt zu einer lebenswerteren Stadt beinahe täglich auf alle möglichen Widerstände stößt. Und bevor in den Begriff „steiniger Weg“ wieder zuviel interpretiert wird: hier ist lediglich das Stilmittel der Metapher gewählt worden; steinige Wege gibt es in Stuttgart höchstens als Radwege.
Und heute früh ist dieser Beitrag offenbar irgendwie bei der Stadt Stuttgart angekommen. Auf diversen Wegen wurde mir mitgeteilt, dass der Sprecher der Stadt Stuttgart mich zitiert hat und versucht, das nun etwas anders darzustellen.

Screenshot von twitter
Vielleicht vorweg: Deutsch ist zwar meine Muttersprache, allerdings wars das dann schon. Ich bin Diplom-Ingenieur und habe weder ein Deutsch-Abitur noch eine Ausbildung in Kommunikationswissenschaften, o.ä. Dennoch interessiere ich mich etwas für Sprache und viele meiner Worte sind tatsächlich absichtlich so gewählt, ohne dass ich jedes einzelen auf die Goldwaage lege (die ich auch gar nicht habe).
Auch die Strategie, sich von einem privaten Account in eine öffentliche Diskussion einzuschalten oder sie zu starten, stelle ich immer wieder mal fest. Das passiert nicht nur hier bei der Stadt Stuttgart, sondern so arbeitet zum Beispiel auch das Social Media Team von Daimler. Dort werden alle unverfänglichen Aussagen über die offiziellen Firmenaccounts getätigt und wenn es dann mal ins Konkrete geht oder eine Aussage getätigt wird, die nicht ganz der Wahrheit entspricht oder nicht 100% konform mit den Firmen-Werten ist, schaltet sich der „Head of Digital Transformation“ privat ein, diskutiert mit und erweckt den Eindruck, als ob er für die Firma spreche, obwohl er in seinem Profil explizit stehen hat „Views are my own. Always“.
Der erste Punkt der Kritik: man müsse sich ja gar nicht engagieren.
Keine Ahnung, was das für eine Aussage sein soll. Von allen Seiten hört man ständig immer wieder, dass (ehrenamtliches) Engagement gut sei und einen großen Vorteil für die Geselllschaft bringt.
Oder es ist nur eine Anspielung auf meinen Slogan „Niemand muss Auto fahren“? Ich glaube zwar nicht, dass ich von der Stadt soweit beobachtet werde, dass sie diesen Slogan kennen oder mir zuordnen könnte – aber wer weiß. Wäre dann aber auch schlecht gemacht.
Letzendlich habe ich die Erfahrung von buchstäblich tausenden Menschen, mit denen ich während der Unterschriftensammelphase des Radentscheid Stuttgart gesprochen habe und die sich fast ausschließlich für unser Engagement bedankt haben und es gut finden, dass wir das machen. Aber wenn jemand auf der „anderen Seite“ dieses Engagements steht, wie eben hier die Stadt Stuttgart, dann ist diese Aussage aus ihrer Sicht vielleicht wieder etwas verständlich.
Der zweite Punkt: ein toter Riese am Ende des Kampfes, als (rhetorische?) Frage.
Auch hier vielleicht wieder eine Anspielung auf den Hashtag #DavidgegenGoliath, den ich verwendet habe. Ja, twitter bietet nur eine begrenzte Zahl von Zeichen an und von diesen Tweet-Threads mit bis zu zig Tweets in Reihe, um einen Punkt klar zu machen, halte ich nicht viel; dafür gibt es, auch 20 Jahre nach deren Entstehung, schließlich immer noch Blogs (sie baden gerade ihre Hände drin[hihi, toller Link dort unter 2.]).
Ich denke, dass ich in meinem Beitrag ganz gut dargelegt habe, dass die ca. 100 Leute, die sich damals für den Radentscheid engagiert haben, durchaus in einer eklatanten Unterzahl sind, wenn man die Politik, die Verwaltung und das lokale Medien-Monopol entgegen ihren jahrzehntelang gelebten Überzeugungen darüber informieren will, was in anderen Städten oder Ländern schon längst an der Tagesordnung ist. Um dies besser zu beschreiben, habe ich mal das digitale Projekt 100 Städte angefangen, welches aufzeigt, dass es weltweit keine einzige Stadt gibt, die ihre Probleme mit dem MIV gelöst hat. All diese Städte setzen auf Maßnahmen für den Radverkehr, für den Fußverkehr, für lebenswerte Städte und wollen den Autoverkehr somit (drastisch) reduzieren, zum Teil komplett entfernen.
Wenn Stuttgart sich dagegen verschließt, wird es bestimmt eines Tages als „toter Riese“ (oder Dinosaurier) enden, oftmals spricht man in dem Zusammenhang von „Detroit 2.0“. Wie die Zukunft wirklich wird, kann natürlich niemand voraussagen. Aber wir können auf die Wissenschaft hören, auf Studien, auf Beispiele aus anderen Städten und ihre Erfahrungen damit. Diese „100 Städte“ sind natürlich noch lange nicht vollständig, ich habe noch viele, viele weitere Beispiele im Hinterkopf, komme aktuell aber nicht dazu, mich hier weiter zu engagieren. Es hat aktuell aber schon einen Status erreicht, der mehr als deutlich macht, dass Städte auf allen Kontinenten das Kapitel „autogerechte Stadt“ abschließen und in eine andere, bessere Zukunft abgebogen sind. Ich habe bisher noch kein halbwegs realistisches Szenario für ein blühendes Stuttgart gesehen, das ohne die Automobilbranche, wie wir sie heute kennen, auskommt.
Zum dritten Punkt, dass es Fronten im Krieg gibt.
Klar. Fronten gibt es aber auch bei Häusern, bei Küchen oder der Meteorologie; nachzulesen beim Duden. Ansonsten ist es ein durchaus übliches Stilmittel in der täglichen Kommunikation, man findet auch 44 Treffer zu „Front“ auf stuttgart.de. Jeder versteht halt das, was er verstehen will. Mehr gibt es hierzu auch gar nicht zu sagen.
Dann zum letzten Punkt: es wäre eine „Falschbehauptung“, wenn ich von Boykott spreche.
Ich sehe es ja eher so, dass eine Aussage auf meiner privaten Webseite keine „Falschbehauptung“ ist, sondern eher eine „Meinung“ und habe auch dargelegt, wie ich dazu komme. Im Beitrag rede ich davon, dass „die Verwaltung der Stadt Stuttgart immer wieder Beschlüsse des Gemeinderates ignoriert oder gar aktiv boykottiert“.
Dann führe ich das eben nochmal mit ein paar weiteren Fakten aus und jede:r Leser:in kann sich sein eigenes Bild davon machen.
2009 hat die Stadt Stuttgart das Verkehrsentwicklungskonzept 2030 erstellt, das gibt es unter diesem Link auch als 32MB-PDF mit 139 Seiten zum Download. Leute, die sich mit dem Thema „Mobilität in Stuttgart“ auseinandersetzen, werden es vermutlich kennen. Allen anderen kann ich es nur empfehlen, weil da grundsätzlich gute Dinge drin stehen (die nur so leider nicht gelebt werden). Es ist offenbar unter der Antragsnummer 590/2010 behandelt worden, ist darunter aber bei der Suchmaschine der Stadt nicht zu finden. Dieses Verkehrsentwicklungskonzept wurde auf jeden Fall von einer Mehrheit des Stuttgarter Gemeinderats beschlossen. Nach meinem Verständnis ist der Gemeinderat das höchste, demokratisch gewählte Organ der Stadt – entsprechend wichtig sind seine Beschlüsse.
Da ich mich primär beim Radverkehr auskenne, hier mal schnell zwei Beispiele:
Es gibt ein Gesamtkonzept zum Thema Radverkehr.
Ganz oben, wohl eher zufällig, das Thema Fahrradparken. Dazu habe ich auch vor kurzem meine Meinung geäußert. Hierbei kann ich mir tatsächlich mit viel Optimismus vorstellen, dass es aufgrund von öffentlichem Druck tatsächlich bis 2030 noch halbwegs zufriendenstellend gelöst werden könnte. Warum das Thema allerdings die letzten zehn Jahre auf Eis lag, bleibt verwunderlich. Ein Hauptradroutennetz ist Stand heute noch ein großes Wunschdenken. Es gibt nicht mal eine einzige vernünftige Hauptradroute (HRR) und die Stadt streitet seit Jahren um die HRR2. Bei der Geschwindigkeit wird in den nächsten zehn Jahren sicherlich kein Netz entstehen. Ebenso sind keinerlei Arbeiten an Stadtteilnetzen sichtbar. Ich weiß aktuell lediglich vom Stuttgarter Westen, dass es dort 215m Radwege gibt, und das bei einem Stadtteil mit über 52.000 Einwohnern. Im Osten haben wir nach den zwei Unfällen auf der Talstraße recherchiert und 108m Radwege gefunden. Eine Verkehrssicherheitsarbeit/Öffentlichkeitsabeit und Kommunikation hätte man auch schon am ersten Tag nach dem Beschluss des VEK starten und bis heute laufen lassen können. Stattdessen wurde dem Radentscheid versprochen, dass noch im Jahr 2019 ganz sicher eine Kampagne zu 1,5m Überholabstand durchgeführt wird. Wenn man heute, im Januar 2020 mal draußen auf der Straße fragt, ob jemand etwas davon mitbekommen hat, wird es wohl ernüchternd ausfallen. Service rund um’s Rad – was soll man sich darunter vorstellen? Die eine Reparatursäule, die die Stadt am ersten #Radvent in der Eberhardstraße eröffnet hat? Sorry – aber bei dem Thema ist die Zivilgesellschaft auch schon viel weiter. Der ADFC hat in Zuffenhausen eine solche Säule aufgebaut (was offenbar über 300 eMails mit der Stadt benötigte, bis man sie trotz diesem VEK davon überzeugen konnte, dass man sowas wirklich machen darf), auch die Stadtlücken haben unter dem Österreichischen Platz bereits eine solche Reparatursäule aufgebaut. Dazu kommen noch diverse „offenen Werkstätten“ (z.B. im Hobbyhimmel, im Umweltzentrum von ADFC, im Keller5, etc.). Die Verknüpfung zum ÖPNV ist durchaus gut. Allerdings ist mir nicht bekannt, ob es an diesem VEK lag, oder ob es vorher schon so gelöst war. Falls hier jemand mehr weiß, höre ich mir das gerne an. Zu Qualitätssicherung ist es schwierig, etwas zu sagen. Aber die Radwege in Stuttgart sind durchgehend schlechter als die Straßen und werden oft als Abstellflächen für Verkehrsschilder, Mülltonnen und Parkplätze verwendet. Die Fahrrad-Wegweisung finde ich hier in Deutschland sowieso nutzlos, wie ich auch schon mal beschrieben habe. Gute und sichere Wege gibt es bis heute nicht. DIe Stadt erzählt zwar gerne etwas von 180km Radwegen; das wäre beim aktuellen Straßennetz von 1450km zwar auch schon keine gute Leistung. Und wenn man weiß, dass davon lediglich 8km richtige Radwege (d.h. kein Mischverkehr mit Fußgängern) sind, wird es noch deutlicher, dass dieses Ziel in sehr weiter Ferne ist und bis 2030 bestimmt nicht mehr umgesetzt werden kann.
Und noch ein zweites Bild aus dem VEK2030 zum Thema Radverkehr. Nur zur Info: Die Qualität habe nicht ich so schlecht hinbekommen, das ist ein Screenshot aus dem Dokument. Vor zehn Jahren war das png-Format vielleicht noch nicht so verbreitet (und ich manchen Bereichen hat man vielleicht bis heute noch nix davon gehört).
Nach diese Grafik hätte man allerspätestens 2015 mal kurz überlegen und intervenieren müssen. Damals war der Radverkehrsanteil definitiv unter dem Minimalziel von 10%. Das ist er ja sogar heute noch. Ganz genau weiß das zwar niemand, weil er schon lange nicht mehr gemessen wurde, aber dass er nicht in dem Maße gestiegen ist, wie man sich das gewünscht hätte, ist allen klar.
Und ich weiß, dass sogar in den Automobil-Giganten in und um Stuttgart nicht nur Auto-Fans arbeiten, sondern auch Radfahrer:innen. Nicht nur diese „Auch-Radfahrer“ (die sich in jeder Diskussion immer aufspielen und nur Quatsch einbringen), sondern richtige Alltagsradler. Ein Beispiel dafür ist Mahle, die seit Jahren jedesmal beim Stadtradeln mit einer beeindruckenden Mannschaft gewinnen. Daher bin ich mir sicher, dass auch in der Stadt Stuttgart der ein oder die andere Alltagsradfahrer:in sitzt und etwas von diesem VEK weiß. Und in meiner Welt sitzt diese Person dann nicht nur stumpf am Schreibtisch und wartet auf den Feierabend, sondern denkt auch mal mit und engagiert sich ein bisschen neben dem eigentlichen Aufgabengebiet. (Auch wenn ich das nach der beschriebenen Ansicht der Stadt über Engagement vielleicht nochmal hinterfragen müsste.)
Die Vorgesetzten sollten sowieso über diese demokratische Entscheidung bezüglich ihres Aufgabengebietes wissen.
Und jetzt stehen wir im Jahr 2020 und haben definitiv keine 12% Radverkehrsanteil, also das Mindestziel – oder auch Minimalziel – nicht erreicht. Mit sehendem Auge seit mindestens fünf Jahren auf dieses Versagen zugelaufen, ohne etwas zu machen. Vielleicht ist der politisch korrekte Begriff dafür nicht „Boykott“, sondern eher „Änderung der Prioritäten“. Dass man dieses Thema einfach „vergessen“ hat, kann ich mir nicht vorstellen, wie ich es eben noch ausgeführt habe. Im Endeffekt ist es auch egal, wie man es nennt. Es wurde nichts gemacht. Es wurde von Anfang an nicht genug gemacht, um das Minimalziel zu erreichen. Und als man festgestellt hat, dass man selbst das Minimalziel nicht erreichen wird, hat man keinerlei Änderung der offensichtlich falschen Strategie beschlossen. Für mich ist und bleibt das ein Boykott des Gemeinderatsbeschlusses 590/2010, einem demokratisch beschlossenen Grundsatzziel für die Stadt Stuttgart von ihren gewählten Vertretern.
Vielen Dank an alle, die mich über obigen Tweet informiert und die sich in die Diskussion auf twitter eingeschaltet haben. Ich hoffe, ich konnte damit erklären, dass ich nicht „im Krieg“ bin, sondern einfach nur einer von sehr vielen Stuttgarter:innen, die sich eine lebenswertere Stadt wünschen – wenn auch mit etwas mehr Engagement als andere.
viele Fronten!
wenn man sich fast täglich dafür einsetzt, dass die eigene Stadt fahrradfreundlicher und somit auch lebenswerter wird, stößt man auf Widerstände aller Art.
Zum einen ist da die Politik, die freiwillig nichts ändern will und die man sprichwörtlich zum Jagen tragen muss. Wie oft haben wir bei den Unterschriften-Sammlungen zum Radentscheid die Frage gehört, wieso eine solche Initiative in einer grün regierten Stadt und einem grün regierten Land überhaupt nötig ist (und auch bis heute leider keine Antwort darauf gefunden).
Dann ist da die Verwaltung, die immer wieder Beschlüsse der Politik bestenfalls ignoriert oder gar aktiv boykottiert. Man könnte dabei z.B. das Verkehrsentwicklungskonzept 2030 (VEK2030) nennen, das bereits 2009 erstellt wurde und in dem auf weit über 100 Seiten viele gute Sachen stehen. Aber die Stadt sieht heute eigentlich noch genauso aus, wie vor diesem Beschluss. Es gibt auch einen Beschluss zu „Stuttgart laufd nai“, also zur autofreien Innenstadt von Juli 2017 (mehr). Aber auch hier passierte in den letzten zweieinhalb Jahren eigentlich nix; lediglich auf einer 350m langen Straße wurden die „KFZ frei“ Schilder mit „Lieferverkehr frei“, „Taxi frei“ und „Rollstuhlfahrer frei“ Schilder ausgetauscht. Dass der Gemeinderatsbeschluss vom Februar 2019 zur Übernahme der Ziele des Radentscheids bisher noch überhaupt nicht in der Verwaltung angekommen ist, muss ich wohl nicht erwähnen.
Heute soll es aber um die lokale Presse gehen. Leider gibt es in Stuttgart nur eine einzige Zeitung mit einer größeren Auflage. Diese kommt in zwei Aufmachungen daher, die allerdings üblicherweise den identischen Inhalt bei lediglich anders gestalteten Titelseiten hat. Die eher in gelb gehaltene Stuttgarter Zeitung und die eher blaue Stuttgarer Nachrichten. Ich spreche eigentlich nur von der Stuttgarter Zeitung, weil die Nachrichten aufgrund ihrer großen VfB-/Fussball-Prioritäten von mir noch viel mehr ignoriert wird.
Beide haben jedoch z.B. im letzten Jahr den Hashtag #Stuttgartparktfair aufgegriffen und es als verwerflich dargestellt, indem sie es als „Internet-Pranger“ beschrieben, dass auf Twitter von wenigen kleinen Accounts unter diesem Schlagwort falsch parkende Autos mit erkennbarem Kennzeichen veröffentlicht werden. In ihrem vorauseilenden Gehorsam, um diese Falschparker:innen so gut als möglich zu schützen und den Status der Autostadt zu zementieren, haben sie dann mit ihrer enormen Reichweite ein paar Screenshots dieser twitter-Benutzer veröffentlicht. Die Namen und Profilbilder der Twitter-Benutzer sind in der Galerie des Artikels sichtbar, die Kennzeichen der Falschparker wurden unkenntlich gemacht.
Das ist vermutlich eher ein „Internet-Pranger“: die Stuttgarter Zeitung hat auf twitter über 120.000 Follower, die von ihr an den Pranger gestellten Benutzer haben gerade mal 70-110.
Ein anderes Beispiel, das ganz gut die Denkweise der Stuttgarter Zeitung und ihrer Recherche-Fähigkeiten darstellt ist der Bericht über die längst fälligen Änderungen an der Fahrradstraße. Anstatt irgend etwas Positives an der (wie bereits oben genannten und längst überfälligen) Umsetzung des mehrheitlich gefassten Gemeinderatsbeschlusses zu erwähnen oder eben auf prozessliche Verzögerungen einzugehen, kann die Stuttgarter Zeitung nichts anderes denken als: „Autos unerwünscht an der Eberhardstraße“ – wie gesagt, es handelte sich bisher schon um eine Fahrradstraße! Dass schon der erste Satz im zweiten Absatz keinen Sinn mehr macht, ist schon fast nebensächlich („Susanne Scherz, Leiterin der Abteilung Straßenverkehr beim Amt für öffentliche Ordnung nach, macht klar, dass Kuhns Bekannte nun umdenken müssen.“). Was aber meiner Meinung nach schon etwas peinlich ist: dass der Name des „Tiefbauers“ Hutt mehrmals falsch als Huth geschrieben ist.
Und am Montag, 20. Januar, kam mal wieder so ein Artikel, in dem die Stuttgarter Zeitung ihre Meinung über Radfahrer:innen kundtun musste. Am 7. Januar war es morgens offensichtlich sehr glatt. Das habe ich auf meinen privaten Social Media Kanälen mitbekommen. Bis ich allerdings morgens mal aufstehe und ins Büro radle, ist das Thema Glatteis normalerweise immer wieder erledigt. Die Stuttgarter Zeitung erwäht anfangs, dass es viele Meldungen über bei Glatteis gestürzte Radler:innen gegeben hat und dass nur durch gegenseitige Warnungen der Radfahrer:innen untereinander und durch angepasste Geschwindigkeit nicht mehr passiert ist.
Eine kurze Erklärung für alle Autofahrer:innen unter meinen Lesern: angepasste Geschwindigkeit ist das Reduzieren der Geschwindigkeit, damit man das Fahrzeug bei jeder Situation noch unter Kontrolle hat.
Den Artikel haben sie dann damit geschlossen, den Radfahrer:innen grundsätzlich mal Lügen zu unterstellen:
Wie gesagt, ich war nicht betroffen. Aber mir sind verschiedene Dinge klar:
1. ich brauche keinen Radunfall bei der Polizei melden. Nach den bisherigen Erfahrungen nimmt sie das gar nicht oder nur sehr widerwillig auf. Einen Alleinunfall zu melden bringt mir auch überhaupt nichts.
2. aufgrund niedriger Geschwindigkeit und zu erwartenden Rutschpartien passierte bei den Glatteis-Unfällen normal nichts schwerwiegendes, vielleicht ein paar Schürfwunden und blaue Flecken. Dafür stundenlang in eines der chronisch überfüllten Krankenhäuser zu gehen, wird niemand machen (außerdem gibt es noch mehr in Stuttgart, als die beiden genannten.)
Dennoch sind diese üblichen, geringen Verletzungen keine Ausrede, die Rad-Infrastruktur nicht in Schuss zu halten!
3. bei der Wettersituation, wie am 7. Januar, als einfach überall Glatteis war und auch die Autos jede Menge Unfälle erzeugten, wird kein:e Radfahrer:in bei Minusgraden auf der Straße liegen bleiben um auf einen Rettungswagen zu warten. Solange es irgendwie geht, wird man sich wieder aufs Rad setzen und die Fahrt beenden.
Auch hier: das ist kein Grund, dass die Radinfrastruktur nachrangig behandelt wird!
Zum Glück gibt es noch die Kontext Wochenzeitung, die uns ab und an etwas Rückenwind bei unserem Engagement für eine lebenswerte Stadt gibt. Und vielleicht erreicht der oder die neue Oberbürgermeister:in nächstes Jahr in der Verwaltung mehr, als der sehr blass gebliebene Kuhn. Und die Politik hat auch probiert, einen ambitionierten Doppelhaushalt aufzustellen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie auch hinterher ist, dass alles nun auch so umgesetzt wird und nicht mit der Abstimmung die Verantwortung dafür wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen hat.
The Deanery Project
in den letzten Tagen bin ich kein Rad gefahren. Stattdessen habe ich hier beim Deanery Project zehn Tage lang gehämmert, gesägt, geschleppt, zerlegt.
Angefangen hat es mit diesem Boat House. Es ist im hinteren Teil ziemlich verrottet, weil es dort direkt auf der Erde stand und sich im Laufe der Jahre dahinter (also vom Berg her kommend) jede Menge Laub angesammelt hat und auch schon zu Erde verrottet ist.
Aufgrund der Gesetzgebung hier, kann das Häuschen nicht einfach abgerissen und mal eben schnell neu gebaut werden, dafür bräuchte man eine Genehmigung. Also wollte man es hier einfach so renovieren. Mit einem Wagenheber wurde es hier und da ein bisschen hochgehoben, die verrotteten Teile großflächig rausgenommen und durch Neue ersetzt. Diese passten zwar nicht immer perfekt, aber waren immerhin besser, als die Verrotteten. Nach vorne wurden weitere Stützen eingebaut, die auf größeren Steinen abgestützt wurden. Das sah für mich zwar alles etwas gewagt aus, aber Chris, der Hauptakteur auf dieser Baustelle, meinte, dass das alles gut gehen wird. Vermutlich hat er recht, schließlich bin ich weder Statiker noch Schreiner oder gar Handwerker. Stutzig machte mich auch der ausschließliche Gebrauch von Nägeln. Ich bin absolut kein Freund von Nägeln – die halten irgendwie nie etwas, erst recht nicht, wenn man es dringend braucht. Schrauben sind doch viel besser….
auf zur Messe!
auf den Frühlingsmessen gibt es einen Stand des Landes Baden-Württemberg zum Thema Nachhaltigkeit. Dort sind wir mit der Lastenrad-Initiative auch eingeladen worden. In den Wochen davor haben wir uns mit ein paar anderen „Reclaim the Streets“ Initiativen zusammen getan und ein Konzept für diese Messe erstellt. Heute ist der große Tag – wir bauen auf. Natürlich stellen wir ein Lastenrad mit Anhänger aus und wenn ich dieses Gespann schon dort hin fahre, kann ich auch gleich noch ein paar weitere Sachen im Hänger transportieren. Das komplette Gestell sah dann so aus:
Die Anfahrt gestaltete sich etwas schwierig, da mich mein Navi über eine 22%-ige Steigung geführt hat, die ich bisher noch nicht kannte. Damit war das Gespann überfordert und ich musste teilweise schieben und das Gespann sogar die letzten Meter aufteilen. Aber sonst war die ca. 20km lange Anfahrt gut zu machen.
Und da ich der erste von unserem Stand vor Ort war, war „mein Traumstand“ auch schnell aufgebaut. ;~)
mit Banner auf der Critical Mass
nachdem ich jetzt eine Möglichkeit habe, mit einem Fahrrad-Anhänger Werbung zu fahren, wollte ich das bei der Critical Mass gleich mal ausprobieren. Bei Flyeralarm kriegt man recht günstig solche Banner in jedem beliebigen Maß und einen tollen Spruch habe ich ja sowieso auf Lager: Niemand muss Auto fahren!
Also setzte ich mich Sonntag Nacht noch hin und habe mal ein bisschen rumgespielt; mit diesem Ergebnis war ich recht zufrieden (erst viel später kam mir, dass ich ja „mein X“ im gleichen Farbdesign dort noch draufmachen hätte können):
Die Lieferzeit wird mit 4-5 Werktagen angegeben, müsste also noch bis zur Critical Mass funktionieren. Also habe ich die Bestellung abgeschickt und die Daumen gedrückt.
Und tatsächlich konnte ich etwa 1h vor der Critical Mass dies Banner abholen und noch auf den „Streitwagen“ montieren. Das sieht dann so aus, die Zugmaschine ist auf dem Bild jetzt noch nicht drauf, aber dass da an der Deichsel noch ein Rad davor gespannt wird, sollte klar sein. Für andere Demo-Arten kann man diesen Anhänger jedoch auch problemlos als Fussgänger ziehen und auf das ziehende Rad verzichten. Falls jemand dieses Gestell/Gerüst/Geländer mit Hänger mal braucht, oder diese Banner irgendwo öffentlichkeitswirksam aufhängen will, einfach kurz bei mir melden, da finden wir bestimmt eine Lösung! 🙂

„Niemand muss Auto fahren“-Banner auf dem Streitwagen
Bei der Critical Mass in Stuttgart sollen dieses Mal fast 1000 Leute dabei gewesen sein. Von diversen Zählern habe ich so Zahlen wie 973 oder 980 gehört. Wow – das ist mal eine Hausnummer! Dass sich in der Gesellschaft gerade etwas tut (wenn auch noch recht langsam und eher im Verborgenen) habe ich mir im Winter schon öfters gedacht, wenn ich auf meiner Pendelstrecke trotz Schnee und knackigen Minustemperaturen immer noch viele Radfahrer gesehen habe.
Und seit ein paar Wochen sehe ich eigentlich jeden Tag Lastenräder durch Stuttgart fahren. Das war „früher“ noch etwas sehr besonderes und sicherlich nichts „tägliches“.
Demo für saubere Luft
ein Bündnis aus verschienenden Initiativen hat für den 30. März in Stuttgart zu einer großen Fußgänger- und Radler-„Demo für saubere Atemluft“ aufgerufen. Klar, dass ich da auch dabei bin. Und einfach nur mit einem Rad zu fahren ist mir ja zu langweilig, daher habe ich mal die halbfertige Konstruktion von der Stuttgarter Lastenrad-Initiative mitgenommen. So eine Kiste zieht durchaus einige Aufmerksamkeit auf sich, jede/r die/der vorbeigefahren ist, musste unbedingt mal reinschauen (und war etwas enttäuscht, dass nix drin war). Meine Musikananlage habe ich in der Früh auch vergessen, als ich das Haus verlassen habe. An 1000 Sachen zu denken ist ja eher nicht so mein Ding….
Das sah im Stand dann aber trotzdem noch in etwa so aus:
Und beim Fahren so; natürlich mit Feinstaub-Maske, schließlich fahren wir ja am Neckartor vorbei, der Messstelle in Deutschland mit der konstant dreckigsten Luft. Und Feinstaub-Alarm war auch, trotzdem wird ein Verkehrschaos befürchtet (zur Erinnerung: bei Feinstaub-Alarm wird an die Vernunft der Autofahrer appeliert, das Auto freiwillig stehen zu lassen. Was bisher jedoch noch nie merklich gemacht wurde.)
Bevor es losging bin ich am Start noch einer Moderatorin von Radio Energy (NRJ) über den Weg gelaufen, der ich ein Telefon-Interview geben sollte. Ich habe es zwar versucht, an jemand anderen abzudrücken, aber auf die Schnelle niemand gefunden. Falls mich also zufällig jemand gehört haben sollte, wäre ich interessiert daran, wie mein Gestammel denn rüberkam?
Ob mein T-Shirt („Niemand muss Auto fahren“, hinten drauf) oder das Gespann noch in anderen Nachrichten zu sehen war, kann ich nicht sagen. Ich habe es nicht so genau verfolgt, aber zumindest noch keine Rückmeldung bekommen, dass mich jemand gesehen hätte….
Auswirkungen von Feinstaub
das Feinstaub-Projekt der Stuttgarter Code for Germany Gruppe ist ein Paradebeispiel für die Anwendung von „Open Data„, also offenen Daten. Jede/r kann sich sein eigenes Feinstaub-Messgerät zusammenbauen und dessen Daten an deren Server schicken lassen. Dort sind sie dann frei für alle verfügbar. Jede/r kann mit diesen Daten eigene Auswertungen und Forschungen anstellen oder nur die live-Daten anschauen (das traut sich die Stadt Stuttgart nicht).
Am Open Data Day wurde eine Korrelation zwischen den offiziellen Feinstaubdaten der Stadt Stuttgart und dem Praxisindex des Robert Koch Instituts vorgestellt. Dieser Index bringt das komplexe Thema von Atemwegserkrankungen in eine einfach Zahl, mehr dazu hier. Leider ist die Granularität nicht besonders hoch, man bekommt die Zahlen nur für komplette Bundesländer.
Die einfache Überlagerung der beiden Werte ist nicht ganz gut, sobald man den Praxisindex jedoch um eine Woche verschiebt (wegen der Inkubationszeit), dann sieht das Ergebnis erschreckend ähnlich aus. Beim Anstieg der Feinstaub-vergifteten Luft steigt eine Woche später dann auch der Praxisindex an; es gibt also deutlich mehr Menschen, die sich wegen Atemwegserkrankungen bei Ärzten behandeln lassen – und anders herum:
Und diese Behauptung der Stadt Stuttgart, dass es nur auf 3km Hauptverkehrsstraßen eine erhöhte Feinstaub-Menge gäbe, ist ja durch dieses Projekt auch schon länger ins Reich der Träume/Wünsche verbannt worden.
Auch mit einer anderen Datengrundlage sieht man z.B. auf dieser Karte, dass überall dort, wo Menschen wohnen, eine mittlere oder gar hohe Feinstaub-Belastung vorhanden ist. Und Feinstaub, der einmal produziert wurde, bleibt ja in der Welt; es gibt keinen Mechanismus, der ihn wieder entfernt. Bisher hofft man immer nur, dass der Wind ihn woanders hinbläst oder der Regen ihn in die Kanalisation und somit letztendlich ins Grundwasser schwemmt.
externes Nachladen
inzwischen sollte sich bei den meisten Menschen rumgesprochen haben, dass man nicht unbedingt bei facebook (beispielhaft) sein muss, um dieser Firma viele Daten über sein online-Verhalten preiszugeben (mal ganz abgesehen vom unsäglichen WhatsApp in diesem speziellen Fall).
Auf jeder Seite, auf der ein facebook-Daumen oder eine facebook-Info-Box ist, steckt (oft) auch facebook drin. Da man im Internet ohne bestimmte Vorkehrungen nicht anonym surfen kann, kennt facebook also (fast) jede Seite, die ich mal besucht habe. Je nachdem, wie diese Seite programmiert ist, gehen noch viel mehr Daten über mich und meine Interaktionen an facebook.
Dieses Beispiel „facebook“ ist nur exemplarisch, es gibt noch viele weitere Datensammler. Und was diese Firmen im HIntergrund alles miteinander austauschen (vermutlich auch noch gegen viel Geld) ist dem Nutzer völlig unbekannt. Obwohl ich „nichts zu verbergen“ haben, finde ich es nicht besonders toll, wenn ich als reines Datenmodell überall als „gläserner Mensch“ in Datenbanken vorhanden bin. Welche (richtigen und falschen) Schlüsse diese Algorithmen über mich ziehen, würde ich auch mal gerne wissen!
Bei fefe’s blog habe ich letztens mal einen Artikel darüber gesehen, wie er nachgewiesen hat, dass bei einem einfachen Aufruf der Süddeutschen Zeitung (damals) 41 externe Seiten nachgeladen werden. D.h. dass jede Menge Informationen über mich in der ganzen Welt verteilt werden. Da ich das nicht will, habe ich bei mir den Ad-Blocker uBlock installiert (und muss daher leider damit leben, dass ich nicht mehr jede Seite im Internet sehen kann, tja). Zusätzlich dazu noch das Better Privacy Plugin im FireFox, alle facebook-Verbindungen werden mit diesem Plugin geblockt. Darüber hinaus probiere ich noch, meine Online-Aktivitäten auf verschiedene Browser zu verteilen, um ein möglichst indifferentes Bild von mir zu erstellen.
Critical Mass mit Anhänger
mit diesen Fahrrad-Anhängern, die in Stuttgart ausleihbar sind, bin ich schon öfters mal rumgefahren. Diesmal habe ich sogar noch ein schön leuchtendes Rad mit LED-Blinklichtern drauf montiert gehabt. Ich war erstaunt, wie schnell sich dieses Rad alleine durch das bisschen (Fahrt-) Wind gedreht hat!
Es war so ungefähr der kälteste Tag des bisherigen Winters – fast 10°C Grad unter Null – trotzdem sind noch 135 Radler bei der Critical Mass in Stuttgart mitgefahren. Da ich keine richtigen Wintersachen habe, habe ich quasi meinen ganzen Kleiderschrank angehabt (ich glaube, es waren sieben Lagen oben rum, und vier an den Füßen). Und so war selbst dies Wetter echt noch gut erträglich.
Auf irgendeinem Video (bei facebook) habe ich mich mal wieder recht unscharf gesehen:
Und auf facebook gab es noch dieses Bild, wie man recht gut das Lastenrad mit Musik-Anlage und den Hänger mit dem Lichtrad sehen kann (rechts unten):