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Christoph X-tof Stoffel Hoyer erklärt euch die ganze Welt!

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in Stuttgart gibt es wieder einen kleinen Aufreger: da hat es doch tatsächlich jemand gewagt, ein Nachbarschaftsbänkle auf dem Gehweg aufzustellen! Als das Ordnungsamt das mitbekommen hat, geht alles ganz schnell und die Bank muss innerhalb von wenigen Tagen entfernt werden! Hier ist ein Bild des Schreibens, es geht um eine „unerlaubte Sondernutzung“.
Nebenbei: Wenn man ein Auto ohne Zulassung im öffentlichen Raum stehen lässt, passiert – nachdem die Aufforderung zur Entfernung an die Scheiben geklebt werden – etwa ein halbes Jahr lang gar nichts (z.B. hier oder hier).
Ich bin an einem sonnigen Samstag Nachmittag mal dort vorbei gegangen und habe dabei fast 15 Motorräder und -Roller auf dem ca. 250m langen Abschnitt der Liststraße zwischen Strohberg und Immenhofer Straße gezählt. Wie viele Anwohner mit ihren Zweirädern gerade unterwegs waren, weiß ich natürlich nicht.
Motorräder dürfen überall parken

Von der Aktion hat auch die Stuttgarter Zeitung/Nachrichten Wind bekommen, einen Artikel darüber geschrieben und eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes zu Wort kommen lassen. Und das zieht jemandem, der sich in der Stadt ein bisschen dafür einsetzt, dass es hier lebenswerter wird, doch tatsächlich die Schuhe aus!

1. Sie sind im Ordnungsamt angeblich „dran“, die Sache mit den Motorrädern zu klären. Wie bitte? Was gibt es da zu klären? Es ist eindeutig: die gehören überhaupt gar nicht auf den Gehweg, niemals.
1a) Dass in Stuttgart eine etwas andere StVO zu gelten scheint, hat schon mal ein neuer Mitarbeiter des Ordnungsamtes „lernen“ müssen. Er schrieb völlig zurecht Strafzettel für falsch geparkte Autos, die dann vom Ordnungsamt sofort wiedereingestellt wurden; er wurde nachgeschult, dass man falsch parkende Autos (und Motorräder) in Stuttgart natürlich zu dulden hat. (Artikel)
1b) Gibt es ein „Verkehrsentwicklungskonzept 2030„. Dieses wurde bereits 2005 begonnen zu verfassen und 2009 (oder 2011?) vom Gemeinderat beschlossen. Auf den 140 Seiten stehen jede Menge gute Dinge, die die Stadtverwaltung seit dem Beschluss jedoch offenbar aktiv boykottiert. Zum Beispiel auf Seite 128 bei den „Übergreifende Maßnahmen“

Mobilitäts-/Verkehrserziehung und Verkehrsüberwachung (insbesondere von Falschparkern und Geschwindigkeitsübertretungen)

Und nun – etwa zehn Jahre später – verkündet eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes: „da sind wird dran“? Was haben sie denn die letzten Jahre gemacht?

2. Erwähnt die selbe Mitarbeiterin noch die Parklets und will das als Erfolgsgeschichte verkaufen. Als Erfolg kann man das jedoch nur sehen, wenn es das Ziel war, jegliche Parklets in der kompletten Stadt zu verbieten!
Im September 2015 ist das erste, mir hier bekannte Parklet, in der Stadt aufgetaucht und musste unter den Augen der Polizei sofort wieder abgebaut werden. Danach gab es 2016 eine dreimonatige, wissenschaftliche Untersuchung mit der Uni Stuttgart und es wurden gute zehn solcher Parklets im gesamten Innenstadtgebiet aufgebaut. Das kam überwiegend (sehr) gut an.
Danach setzte sich die Stadt hin und versuchte offenbar eine Regelung zu erfinden, damit niemand jemals wieder ein solches Parklet in der Stadt aufbauen kann, hat es aber ganz naiv als „Testphase“ bezeichnet. Die erste ist Mitte 2018 abgelaufen, die nächste Zweijahresfrist läuft just dieser Tage aus; hier stehen genauere Daten.

Was diese Parklets so „unmöglich“ macht? Das kann man auf der Seite der Stadt nachlesen:

  • es gibt Orte, wo sie grundsätzlich nicht stehen dürfen, so dürfen z.B. vor denkmalgeschützten Häusern nur Autos parken, keine Parklets. Klaro!
  • sie müssen von Vereinen oder Initiativen mit Bezug zum Stadtquartier beantragt werden und einen „Mehrwert“ bieten (als ob das die wissenschaftliche Testphase nicht schon längst gezeigt hätte)
  • dazu benötigt die Stadt noch eine direkte Ansprechperson (und das bestimmt nicht, um das Projekt am Ende zu loben)
  • der Bezirksbeirat muss dem ganzen Projekt zustimmen (und üblicherweise sollen Bezirksbeirats-Entschlüsse einstimmig sein)
  • es müssen Pläne erstellt werden, die einer baurechtsamtlichen Prüfung standhalten
  • man muss eine Veranstalterhaftpflichtversicherung dafür abschließen (ohne zu wissen, ob man es überhaupt genehmigt bekommt)
  • die Beantragung bei der Stadt kostet dann auch nochmal eine Gebühr von 100€ (für die acht Monate. Im Vergleich dazu kostet ein Anwohnerparkausweis 30,70€ fürs ganze Jahr an Bearbeitungsgebühren, was die Gewichtung von lebenswerte Initiativen zu Autoparkplatz ganz gut zeigt)
  • dann muss das alles noch selbstständig auf- und spätestens im Herbst wieder komplett abgebaut werden, jederzeit mit dem Damoklesschwert über dem Parklet, dass die Bewilligung jederzeit widerrufen werden kann

Für Gewerbetreibende oder eine Außengastronomie wurden diese Parklets explizit untersagt! Also das, was gerade weltweit überall positive Schlagzeilen macht, ist in Stuttgart natürlich komplett verboten.
Mit all den Hürden hat es noch niemand in Stuttgart geschafft, bzw. nicht mal versucht, ein Parklet in den öffentlichen Raum zu stellen.

Und nun spricht die Mitarbeiterin des Ordnungsamtes davon, dass sie „grundsätzlich gegenüber nachbarschaftlichen Projekten aufgeschlossen sind“?! Entweder habe ich da einen Denkfehler – oder beim Ordnungsamt wird ganz anders gedacht, als in meinem Umfeld.

 


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