Archiv der Kategorie: Halifax

Zug fahren

ich bin jetzt tausende von Kilometern an der kanadischen Bahnlinie entlang gefahren. Und wenn ich von „der“ Bahnlinie spreche, trifft es die Situation relativ gut. Es gibt hier kein weitverzweigtes Bahnnetz, wie bei uns, sondern hauptsächlich die Verbindung der beiden Küsten, mit ein paar kleineren Abstechern davon. Auch gibt es keinen allzu regelmäßigen Bahnverkehr – zumindest nicht hier in Halifax. Es gibt zwei Zugverbindungen, die von hier abfahren, und die nach Westen fährt dreimal pro Woche. Die angeschlagene Abfahrtstafel ist äußerst beschaulich, leider habe ich kein Bild davon.

Bis nach Quebéc City dauert es 18h, man fährt um 13:00 ab und kommt morgens gegen sieben dort an. Das Gepäck wird „eingecheckt“, sprich man gibt es ab und es wird dann in einem Gepäckwagen mitgenommen. Daher soll man auch nicht gerade 2min vor Abfahrt am Bahnhof sein, sondern am Besten schon eine Stunde vorher dort sein. Ganz anders als mein Verhalten bzgl. der deutschen Züge – wie oft bin ich erst in der Minute der Abfahrt am Zug angekommen und habe dann erst das Ticket online im Zug gekauft?
Aber was solls – bei 18h Fahrt macht das auch keinen großen Unterschied mehr.

Weiterlesen

Halifax, schon wieder

und schon wieder bin ich in Halifax, diesmal aber wohl zum letzten Mal für längere Zeit. Lang will ich hier auch gar nicht bleiben, schnell das Rad verkaufen, ein Zugticket kaufen, bisschen durch die Stadt laufen und dabei vielleicht neue Schuhe (zuhause wurde mir mehrmals gesagt, dass ich damit ja nicht mehr rumlaufen könne) besorgen, eine neue Jeans (meine aktuelle ist an etwas unpassender Stelle eingerissen), vielleicht mal wieder zum Friseur. Lauter so Zeugs, was in den letzten 10.000km etwas liegen geblieben ist. Außerdem wollte ich auch meine ganzen Rad-Sachen (Helm, Schuhe, Ersatzkette, Schläuche, ….) an eine non-profit Radwerkstatt spenden. Das will ich ja echt nicht um die halbe Welt mitschleppen.
Vor dem ganzen stressigen Programm gibt’s aber erst mal ein kleines Frühstück; da ich nicht mehr Rad fahre, reicht das auch fast aus.

Also mache ich mich auf den Weg zu „Bike Again“, einer Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt hier in Halifax. Weiterlesen

The Deanery Project

in den letzten Tagen bin ich kein Rad gefahren. Stattdessen habe ich hier beim Deanery Project zehn Tage lang gehämmert, gesägt, geschleppt, zerlegt.
Angefangen hat es mit diesem Boat House. Es ist im hinteren Teil ziemlich verrottet, weil es dort direkt auf der Erde stand und sich im Laufe der Jahre dahinter (also vom Berg her kommend) jede Menge Laub angesammelt hat und auch schon zu Erde verrottet ist.
Aufgrund der Gesetzgebung hier, kann das Häuschen nicht einfach abgerissen und mal eben schnell neu gebaut werden, dafür bräuchte man eine Genehmigung. Also wollte man es hier einfach so renovieren. Mit einem Wagenheber wurde es hier und da ein bisschen hochgehoben, die verrotteten Teile großflächig rausgenommen und durch Neue ersetzt. Diese passten zwar nicht immer perfekt, aber waren immerhin besser, als die Verrotteten. Nach vorne wurden weitere Stützen eingebaut, die auf größeren Steinen abgestützt wurden. Das sah für mich zwar alles etwas gewagt aus, aber Chris, der Hauptakteur auf dieser Baustelle, meinte, dass das alles gut gehen wird. Vermutlich hat er recht, schließlich bin ich weder Statiker noch Schreiner oder gar Handwerker. Stutzig machte mich auch der ausschließliche Gebrauch von Nägeln. Ich bin absolut kein Freund von Nägeln – die halten irgendwie nie etwas, erst recht nicht, wenn man es dringend braucht. Schrauben sind doch viel besser….

Weiterlesen

Halifax Pop Explosion #HPX25

als selbsterklärter Experte für kanadische Musik, der ich durch die Besuche bei der Canadian Music Week in Toronto, dem Pop Montréal Festival und dem NXNE Festival ebenfalls in Toronto mit Sicherheit geworden sein muss, hat mich das Werbeplakat für das 25. Halifax Pop Explosion Festival natürlich sofort angesprochen.

Der Name kommt daher, dass vor genau 100 Jahren hier im Hafen von Halifax die bis dato größte Explosion durch die Menschheit ausgelöst wurde, als ein Munitionsschiff explodierte.
Mehr zufällig bekomme ich Wind von einem Rabatt-Code, der eigentlich nur für die lokalen Studenten ist: 50% günstigere Tickets. Statt $109 für den viertägigen Festival-Pass muss ich letztendlich nur knappe $70 zahlen. Ein Tagesticket alleine würde schon $60 kosten.
Weiterlesen

Demo: Forest Funeral

hier beim Deanery Project, wo ich seit ein paar Tagen wohne, kümmert man sich natürlich auch sehr um die Umwelt. Eine Sache, die hier bei vielen Leuten sehr viel wichtiger als bei uns in Deutschland genommen wird, sind die Wälder. Dabei geht es nicht um solche „Plantagen“ mit hohem Nutz-Charakter, wie es bei uns oft der Fall ist, sondern um jahrhundertelang gewachsene, wilde Wälder. Ich bin auf meiner Tour an vielen davon vorbei gefahren und habe auf einigen Zeltplätzen in deren Nähe übernachtet.

Hier gibt es scheinbar Bestrebungen von größeren Konzernen, diese Wälder mit solchen riesigen Maschinen systematisch und komplett abzuholzen und oftmals einfach zu Pellets oder sonstigem Brennmaterial für die Industrie zu verwerten. Das ganze wird als „Clear Cutting“ bezeichnet und soll laut der Abholzer ohne langfristigen Schaden alle 10-15 Jahre gemacht werden können. Dass ein komplett gerodetes Waldstück nach 10-15 Jahren niemals eine ähnliche Qualität wie ein jahrhundertelang gewachsener Wald haben kann, sollte jeder/m klar sein, der auch nur ein bisschen denken kann. Von der Politik wird es aber dennoch so akzeptiert. Wieso verhält sich „die Politik“ nur auf der ganzen Welt so komplett gegen die Wünsche und Anforderungen der Bevölkerung, die sie mal gewählt hat?

Hier in Nova Scotia hat daher ein Bündnis zu einer Demonstration gegen dieses „Clear Cutting“ aufgerufen und aufmerksamkeitswirksam einen Trauermarsch für einen kürzlich gerodeten Wald in der Nähe organisiert. Trotz der recht unpassenden Uhrzeit um 13:00 an einem Donnerstag waren zu Beginn der Demo über 500 Leute anwesend und im Laufe des Zuges haben sich noch ein paar Hundert dazugesellt.

Geendet hat der Zug vor dem lokalen Regierungsgebäude, wo – nicht nur für meinen Geschmack – viel zu viele Redebeiträge eingeplant waren. Das ganze Prozedere dort hat nochmal fast zwei weitere Stunden gedauert. Ich habe davon mitgenommen, dass es bereits in den 60er Jahren genau solche Demos gab und hier – ähnlich wie beim Stuttgarter „Prestigeprojekt“ – von Seiten der Industrie und Politik ebenso mit Lug und Trug gearbeitet wird und alle diese Lügen von der „Gegenseite“ als genau das auch immer wieder aufgedeckt werden.
Von den Politikern, die direkt hinter dieser Mauer saßen (oder sitzen sollten), hat sich natürlich niemand blicken lassen.

Beim Einkaufen am nächsten Tag habe ich dann gesehen, dass diese Demo sogar auf der Titelseite der lokalen Zeitung war.

P.S. ein gutes (bzw. schlechtes, in dem Fall) Beispiel ist Island, das sehr gut zeigt, was passiert, wenn man zu viele Bäume fällt und sich nicht darum kümmert, einen vernünftigen Waldbestand zu erhalten. Dazu ein Artikel in der NYTimes.

Impressionen

Das letzte Geld auf den Kopf gehauen. Gut, dass ich in einem Hostel bin, wo es immer ein Regal mit übrig gebliebenen Lebensmitteln gibt.
Naja – selbst mit meinen kreativen Kochkünsten kriege ich doch nichts anderes als so eine Art Haferflocken in Schwarztee hin. Mahlzeit!
so eine Art "Frühstück"
So gestärkt laufe ich zum letzten Mal durch die Stadt und sehe diese Häuserzeile. Unsicher, ob diese interessante Farbgebung tatsächlich so vorhanden ist, oder es eine Nachwirkung des „Frühstücks“ ist, fotografiere ich es mal zur Sicherheit.
Ja – es scheint tatsächlich auch in der Realität so bunt auszusehen.
ist das das Künstler-Viertel?

Beim Auschecken dann die große Freude: Ich bekomme 5$ Pfand für den Zimmerschlüssel zurück! Yeah – also doch noch ein letztes Mal was richtiges zum Essen hier in Halifax.
doch noch eine Mahlzeit!

July Talk

es ist mal wieder eine Band angekündigt: July Talk, laut Pressetext natürlich mal wieder die allerbeste Band des ganzen Universums – ist klar.
Aber gut – ich habe ja sonst nix anderes zu tun. Dann gehe ich da doch mal hin. Eigentlich sollte es ausverkauft sein (so erfahre ich am Eingang), aber ich könne gerne nach der Vorband nochmal kommen, dann sieht’s vielleicht gut aus.
Und es sah gut aus.
Und die Band ist tatsächlich sau-cool! Ich habe mit meinem knapp bemessenen Bargeld sogar eine CD von denen gekauft.
Es war leider „nur“ in einem Restaurant und nicht in einer richtigen Konzert-Halle. Daher hatte die Sängerin großen Spaß dabei, die ersten Zuschauer-Reihen ab und zu in die Hocke zu bitten, damit die hinteren Reihen/Tische auch etwas sehen konnten.
July Talk @ The Carleton

Baustelle

es ist doch überall das Gleiche:
In der Stadtmitte ist eine unglaublich große Baustelle. Die haben echt einen kompletten Block abgerissen und wollen dort nun irgendein ziemlich großes „Nova Centre“ hinbauen.
unglaubliche große Baustelle

Und nur ein paar Straßen weiter kann man diese Schule sehen. Mit deutlichen Verfallsspuren.
heruntergekommene Schule
Klar fehlen mir hier noch jede Menge Fakten, wie z.B. ob die Schule überhaupt noch in Betrieb ist oder wie die Finanzierung dieses Centres aussieht.
Aber es wird deutlich, dass auch in Kanada der Stellenwert von Bildung offensichtlich nicht so hoch gehängt wird, wie der eines „schönen, modernen Einkaufszentrums“.
Keep Shopping!

zweite Radtour

nachdem ich festgestellt habe, dass Radfahren in Kanada sogar in einer Großstadt total akzeptiert und überhaupt nicht „gefährlich“ ist (liegt u.U. an diesen und ähnlichen Verkehrsschildern), habe ich mir gleich mal die nächste Tour vorgenommen. Nur mal so grob – und los geht’s.
Bicycle Awareness!
Am Ende (Link zur Strecke) war ich dann 175km und 6:30h unterwegs. Dabei ging es sogar an einem Strand mit Surfschule vorbei. Das hätte ich dort nicht erwartet – sonst hätte ich bestimmt noch eine Badehose mit auf die Tour genommen.
Surfing!
Und noch eine kurze Impression, in dem Fall eine Bushaltestelle. In der Ferne einer der seltenen Momente, als ich sogar zwei Autos gleichzeitig sehen kann.
Buslinie 401

Die Geographie dort ist ziemlich anstrengend. Es gibt einfach sehr viele kleine Hügelchen, die einen ständig aus dem „Tritt“ bringen. Ich muss zuhause mal darauf achten, warum das bei uns nicht so ist. Ich vermute mal, dass unsere Straßenbauer die Straßen erst mal grob vorplanieren.
Selbst auf der großen vierspurigen Straße vom Flughafen zurück in die Stadt haben alle LKWs die Spur gewechselt um mich nicht zu „stören“. Und niemand hat gehupt oder sich anders idiotisch benommen. Einfach ein Radler-Paradies! 🙂
Die letzten paar Kilometer habe ich noch zwei andere Rennradler getroffen, an die ich mich gerne dran gehängt und etwas den Windschatten genutzt habe.
So stelle ich mir einen gelungenen Urlaubstag vor!

Peggy’s Cove

endlich eine Idee, was ich hier machen könnte: Radfahren!
Vormittags war ich noch mit ein paar anderen aus dem Hostel beim lokalen Kanu-Klub. Die hatten eine Art „Tag der offenen Tür“ und dort konnte man zwei Stunden kostenlos paddeln. Fotos gibt’s davon keine, weil ich eher ein wildes Wasser-Gefecht erwartet hatte und keine Foto-Maschine dabei hatte.
Aber Mittags hab ich mich dann aufs geliehene Rennrad gesetzt und bin die 45km nach „Peggy’s Cove“ gefahren (Link zur Strecke). Das ist angeblich eine Sehenswürdigkeit und sieht so aus:
per Rad nach Peggy's Cove
Das Radfahren dort ist absolut angenehm! Zum einen ist hier jedes Schlagloch (zumindest in der Stadt) deutlich markiert; wenn es größer ist, sogar in Neonrot:
Schlagloch-Markierung
Und zum anderen wird man dort wirklich als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer wahrgenommen. Es gibt keine verrückten Autofahrer, die einen „weghupen“ wollen oder mit viel zu wenig Abstand überholen und auch keine Motorrad-Fahrer, die beim Überholen extra am Gas ziehen um besonders laut zu sein. Man wird einfach ganz normal behandelt. Das kannte ich so bisher noch gar nicht.
Woher kommt nur dieser hohe Anteil von deutschen Autofahrern, die ein gestörtes Verhältnis zu Radfahrern haben und es bei jeder Gelegenheit ausleben müssen?!

Rollerderby

zufällig habe ich noch ein Rollerderby-Plakat in der Stadt hängen sehen. Sogar ein Double-Header, also zwei Spiele hintereinander. Nach den ganzen Konzerten an den letzten Abenden mache ich heute einfach mal was anderes und schaue mir diese beiden Spiele an.
Rollerderby Halifax

Georges Island

normalerweise kommt man nicht auf diese kleine Insel, die kurz vor Halifax liegt.
Georges Island
Es ist eine einzige Festung, die ganze Insel ist untertunnelt. Und das ist vermutlich auch der Grund, warum Halifax nie angegriffen wurde.
In den Katakomben stehen auch noch alle 10 Zoll Kanonen.
Monster-Wumme: 10 Zoll!
So wie ich es verstanden habe, gibt es nur sehr wenige Möglichkeiten, auf diese Insel überhaupt als Privatperson zu kommen. Und ich hatte irgendwie die Gelegenheit.
Und selbst so eine „kleine“ Stadt (mit lediglich ca. 600.000 Einwohnern) hat schon eine Skyline mit einigen Hochhäusern.
Ausblick nach Halifax
Eine große Kampagne dort in Halifax ist „Buy local“. Es gibt dort ziemlich viele kleinere Geschäfte, die von Lebensmitteln bis zu Kleidung alles anbieten. Aber eben nicht diese 08/15 Standard-Waren, die es überall auf der Welt gibt – sondern eben handgemacht und aus Überzeugung. Ich bin ein großer Fan von dieser Bewegung – auch hier!
Nur dass man den Kindern mit künstlichen Kühen die Natur nahe bringen will, finde ich noch etwas seltsam….
künstliche Kuh - um Natur zu lernen

am Hafen

zur Zeit liegt auch ein Solar-Katamaran hier im Hafen: Planet Solar. Er ist von der Uni Genf und rühmt sich, nur mit Solarstrom um die ganze Welt gefahren zu sein.
Planet Solar vor Yacht Athos
Dahinter kann man gut die Masten der Yacht Athos sehen. Das ist ein Segelschifft, in der Art, wie es die Menschheit schon seit Jahrhunderten baut und damit (auch völlig ohne Strom) die Weltmeere bereist.

Der heutige Reisende benötigt auch viel Strom. Jeder hat doch mindestens ein mobiles Endgerät dabei, welches höchstens einen Tag lang mit Akku-Kraft überlebt. Dafür hat das Hostel hier einen Schuhschrank etwas umgebaut, so dass man Laptop und/oder Smartphone darin einschließen und laden kann. Gute Idee, finde ich.
Mobil-Geräte Ladestation